Ratgeber Recht

Gut informiert bei den wichtigesten Themen rund um die Rechtssicherheit im Heil- und Hilfsmittelbereich: Rechtsanwalt Dr. Dr. Thomas Ruppel gibt Ihnen im Ratgeber Recht praxisnahe Überblicke über rechtlich relevante Themen für Sie und Ihre Praxis.  

Fallstrick Selbstzahler und Trainingsbereich: Worauf Therapiepraxen achten sollten

Trainingsbereiche und Selbstzahlerleistungen bieten attraktive zusätzliche Einnahmen in der Physiopraxis; die zusätzlichen rechtlichen Anforderungen können Therapeutinnen und Therapeuten gut in den Griff bekommen. Beim Vermeiden kleiner Fallstricke hilft Rechtsanwalt & Fachanwalt für Medizinrecht Dr. Dr. Thomas Ruppel

Fröhliche Frau in Sportkleidung sitzt auf einer Yogamatte eines Trainingsbereichs in der Physiotherapie

„Selbstzahlerleistungen“ in diesem Sinne sind nicht physiotherapeutische Leistungen gegenüber Privatpatienten, sondern Heilmittel, die nicht aufgrund einer ärztlichen Verordnung abgegeben werden; zudem sonstige Leistungen wie Fitnesskurse, aber auch der Verkauf von Produkten (Trainingsequipment, Massageöle etc.) und das Angebot eines Trainingsbereiches zum Selbsttraining.

Steuerlich sind Trainingsbereiche und Selbstzahlerleistungen nicht so günstig wie die eigentlichen Heilmittelleistungen: 

Selbstzahler und Training unterliegen der Umsatzsteuer 

An sich sind Leistungen von Heilmittelerbringern umsatzsteuerfrei. Wenn aber kein therapeutisches Ziel erfüllt wird, ist die jeweilige Leistung der Praxis umsatzsteuerpflichtig, das sind gerade die hier besprochenen Selbstzahlerleistungen und Trainingsbereiche. Auch der Verkauf von Waren in der Praxis unterliegt der Umsatzsteuer

Diese Umsatzsteuerpflicht ist aber solange unschädlich, wie die umsatzsteuerpflichtigen Leistungen (inkl. Warenverkäufe) der Praxis die Kleinunternehmergrenze nach § 19 UStG von (derzeit) jährlich 22.000 Euro umsatzsteuerpflichtigen Umsatzes nicht übersteigen, da in diesem Fall trotz grundsätzlicher Umsatzsteuerpflicht keine Umsatzsteuer zu zahlen ist.

Wenn über diese Grenze hinaus umsatzsteuerpflichtige Umsätze erreicht werden, muss auf alle Umsätze aus Selbstzahlerleistungen, Trainingsbereichen und Warenverkäufen Umsatzsteuer abgeführt werden. D.h. von dem Preis, der mit dem Patienten vereinbart wird, müssen Therapeutinnen und Therapeuten 19 % abführen. Umsatzsteuer fällt jedoch immer nur auf die konkreten umsatzsteuerpflichtigen Leistungen an, das heißt alle eigentlichen therapeutischen Leistungen bleiben umsatzsteuerfrei, egal wie hoch der Anteil der umsatzsteuerpflichtigen Leistungen ist.

Gewerbesteuerpflichtigkeit und Gefahr der Infizierung der ganzen Praxis

Neben der Umsatzsteuer muss hier auch Gewerbesteuer gezahlt werden. An sich sind physiotherapeutische Leistungen, egal ob gegenüber GKV-Patienten oder Privatpatienten gewerbesteuerfrei. Die Einnahmen aus dem Verkauf von Produkten wie Massagekissen, Massageprodukten, Badezusätzen etc.; Angebote von Leistungen, die nicht als Heilbehandlung zu werten sind, wie Fitnesskurse, Vermietung des Trainingsbereichs etc. unterliegen der Gewerbesteuer. Die Höhe der Gewerbesteuer („Gewerbesteuerhebesatz“) legt jede Gemeinde selbst fest. Die zu zahlende Gewerbesteuer reduziert die Einkommensteuer. Hat die Gemeinde einen sehr hohen Gewerbesteuerhebesatz festgelegt, bleibt aber ein Steuernachteil.

Dies ist insbesondere deshalb wichtig, weil – anders als bei der Umsatzsteuer – ein zu hoher Anteil gewerbesteuerpflichtiger Leistungen die ganze Praxis mit einer Gewerbesteuerpflicht infiziert; d.h. auch auf die Einnahmen aus den therapeutischen, heilkundlichen Leistungen muss dann Gewerbesteuer gezahlt werden. Dies gilt immer dann, wenn die Umsätze mit gewerbesteuerpflichtigen Angeboten höher sind als 24.500 € im Jahr (§ 11 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 GewStG) oder mehr als drei Prozent des Gesamtumsatzes ausmachen (BFH, Urteil vom 27.08.2014, VIII R 41/11).

Dies kann aber vermieden werden, in dem der nicht-heilkundliche Bereich in ein gesondertes Unternehmen ausgelagert wird; dem Praxisinhaber gehören dann einfach beide Unternehmen – die Therapiepraxis und das Fitnessunternehmen. Bei einer Gemeinschaftspraxis in der Rechtsform der Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) müssten die Gesellschafter dann zwei GbR gründen und betreiben. Hier sollten die gesparten Steuern unbedingt mit den damit verbundenen zusätzlichen Ausgaben und Aufwänden verglichen werden, etwa für einen zweiten Jahresabschluss oder auch für die datenschutzrechtlich notwendige Trennung der Praxissoftware und Datenbanken und wegen der notwendigen Zuordnung der Mitarbeiter (oder Doppelanstellung bei beiden Praxen), damit es nicht zu einer illegalen Arbeitnehmerüberlassung kommt. 

In Einzelpraxen ist dies noch einfacher zu bewerkstelligen, hier kann eine organisatorische und buchhalterische Abgrenzung erfolgen, sodass nur die tatsächlich gewerblichen Leistungen auch gewerbesteuerpflichtig sind. 

Patientenansicht in Optica Viva

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Werbung – mit wenigen Einschränkungen erlaubt

Natürlich können für Trainingsbereiche und Selbstzahlerleistungen Werbung gemacht werden, die gesetzlichen Grenzen sind hier sehr weit. Was allerdings vermieden werden sollte ist es, zu suggerieren, die gerade nicht-medizinischen Leistungen seien etwa „medizinische Fitness“ oder es handele sich doch um eine Heilbehandlung („lindert Beschwerden“). Auch darf natürlich nicht damit geworben werden, dass ein Erfolg des Trainings etc. mit Sicherheit eintreten werde. Mehr zum Thema Werbung für Heilmittelpraxen lesen Sie im Ratgeber Recht “Richtig werben - rechtliche Fallstricke erkennen”.

Sorgfalt bei Allgemeinen Geschäftsbedingungen

Während es für die Verträge im Heilmittelbereich eigentlich keiner schriftlichen Vereinbarungen bedarf, sollte für den Trainingsbereich und die Selbstzahlerleistungen mit den Kunden schriftliche Verträge geschlossen werden. Hier ist es auch ratsam, die Hilfe von Verbänden und Anwälten einzuholen. Denn in den zu erstellenden Allgemeinen Geschäftsbindungen sind eine Vielzahl von Besonderheiten zu regeln für Abwicklung des Verkaufs von Gegenständen, des Ablaufes der Kurse, die Studionutzung, Zahlungen bei Nichterscheinen trotz Terminbuchung etc.. Häufig sehen Allgemeine Geschäftsbedingungen  – rechtswidrig - Leistungsänderungs- und Preisanpassungsklauseln vor, mit denen Therapeutinnen und Therapeuten etwa ihr Angebot einseitig anpassen oder die Preise beliebig erhöhen können. Solche Klauseln sind nur aber nur eingeschränkt erlaubt. Hier gilt: Allgemeine Geschäftsbedingungen lieber einmal sorgsam erarbeiten lassen, als immer wieder Streit mit Kundinnen und Kunden zu riskieren.


Dr. Dr. Thomas Ruppel und sein Team beraten Heilmittelerbringer in allen Rechtsfragen rund um die Praxis – www.gesundheitsrecht.dekanzlei@gesundheitsrecht.de

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