Ratgeber Recht

Gut informiert bei den wichtigesten Themen rund um die Rechtssicherheit im Heil- und Hilfsmittelbereich: Rechtsanwalt Dr. Dr. Thomas Ruppel gibt Ihnen im Ratgeber Recht praxisnahe Überblicke über rechtlich relevante Themen für Sie und Ihre Praxis.  

Therapieinhalte: Muss ich Leitlinien einhalten – und was passiert, wenn nicht?

Leitlinien, Richtlinien – Therapeutinnen und Therapeuten müssen eine Vielzahl von Regeln einhalten – oder doch nicht? Rechtsanwalt & Fachanwalt für Medizinrecht Dr. Dr. Thomas Ruppel lässt etwas Licht ins Dickicht.

Physiotherapeut behandelt eine blonde Frau am Rücken

Richtlinien sind verbindlich. Der Gesetzgeber hat den Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) – eine Behörde – beauftragt, grundlegende Regelungen im Krankenversicherungsrecht in Form von Richtlinien des G-BA zu treffen. Für Therapeutinnen und Therapeuten bedeutsam ist vor allem die Heilmittelrichtlinie. Sie u.a. legt fest, wann und wie Heilmittel verordnet werden, welche Therapieformen es für Heilmittelerbringende eigentlich gibt, bei welcher Diagnose welches Heilmittel zu bevorzugen ist oder wo Heilmittel abzugeben sind. Die Heilmittelrichtlinie ist verbindliches Bundesrecht. Therapeutinnen und Therapeuten dürfen von ihr nicht abweichen. Verstoßen Therapeutinnen und Therapeuten gegen die für sie geltenden Regeln der Heilmittelrichtlinie, dürfen sie die Leistungen nicht abrechnen; abgerechnete Leistungen werden abgesetzt.

Leitlinien blicken hingegen aus einer ganz anderen Perspektive auf die Arbeit von Therapeutinnen und Therapeuten. Ein bisschen Jura muss hier sein: Gem. § 630a Abs. 2 BGB gilt, dass die Behandlung nach den zum Zeitpunkt der Behandlung bestehenden, allgemein anerkannten fachlichen Standards zu erfolgen habe. Die sozialrechtlichen, d.h. krankenversicherungsrechtlichen, Vorschriften regeln aber selbst nicht, was der jeweils anerkannte fachliche Standard ist, der Gesetzgeber hält sich hier zurück.

Denn, was der jeweilige Behandlungsstandard in der Physiotherapie, Ergotherapie oder Logopädie ist, ergibt sich gerade aus dem fachlichen Diskurs, etwa zwischen den praktisch tätigen Therapeutinnen und Therapeuten und den Hochschulen und Universitäten. Die jeweiligen Fachgesellschaften innerhalb der Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften erstellen deshalb Leitlinien. Diese begründen nicht selbst einen Standard, sondern geben diesen wieder, d.h. sie beschreiben den Konsens, der zu bestimmten Interventionen gefunden wurde.

Leitlinien sind nicht aus sich selbst heraus verbindlich – denn sie werden nicht von staatlichen Akteuren, von Behörden, erstellt, sondern von privaten Vereinen. Ebenso wenig, wie der ADAC Verkehrsregeln einführen kann, kann eine Fachgesellschaft verbindlich vorschreiben, wie Therapeutinnen und Therapeuten zu handeln haben.

Aber: Muss hinterfragt werden, ob eine Behandlung dem gesetzlich geschuldeten allgemeinen anerkannten fachlichen Standard entsprochen hat, werden sowohl im zivilrechtlichen Behandlungsfehlerprozess (der auf Schadensersatz und Schmerzensgeld gerichtet ist) als auch im Strafverfahren (etwa wegen des Vorwurfes der fahrlässigen Körperverletzung oder fahrlässigen Tötung eines Patienten) Sachverständigengutachten beauftragt. Und die Sachverständigen ziehen zur Beantwortung der Frage, ob der fachliche Standard eingehalten wurde, die Leitlinien der Fachgesellschaften heran.

Gleichwohl dürfen Therapeutinnen und Therapeuten von Leitlinien immer dann abweichen, wenn die Leitlinie entweder selbst veraltet ist oder im Einzelfall nicht passt. Gerade im letzteren Fall sollte das Abweichen von der Leitlinie aber in der Behandlungsdokumentation gut und auch recht ausführlich begründet werden.

Um einen Überblick über neue Evidenzen oder Methoden zu behalten ist auch eine kontinuierliche Fort- und Weiterbildung wichtig - und dürfen gerne auch über die in den Rahmenverträgen geregelten Pflichtfortbildungen hinausgehen. 

Zusammengefasst: Richtlinien sind immer einzuhalten. Von Leitlinien kann abgewichen werden, wenn dies fachlich gut begründet und dokumentiert wird.


Rechtsanwalt Dr. Dr. Thomas Ruppel und sein Team beraten bundesweit Heilmittelerbringende in allen rechtlichen Fragen.

Telefon: 0451 / 29 366 500
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