Zukunft Betrieb
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KI: Chancen erkennen, klug investieren

Individuell angepasste Prothesen, digital gesteuerte Orthesen, optimierte 3D-Scans und eine einfachere, präzisere Ganganalyse: Künstliche Intelligenz könnte die Orthopädietechnik und die Arbeit der Sanitätshäuser nachhaltig verändern. Die Möglichkeiten der KI werden sich aber nicht nur auf die Vermessung und Produktion beschränken. Auch in Verwaltung, Abrechnung, Dokumentation oder Kommunikation bietet die Technologie das Potenzial, Dinge zu verbessern und zu vereinfachen, Fachkräfte von Routinearbeiten zu entlasten und Zeit für andere Dinge zu gewinnen.
Neue Methoden für präzisere Ganganalysen
Eine wichtige Fähigkeit der KI ist das sogenannte maschinelle Lernen, also die Fähigkeit, große Datenmengen zu analysieren und darin Muster zu erkennen. Kombiniert mit einer weiteren Technologie, der „Computer Vision“, die den Systemen das Sehen beibringt, ergeben sich ganz neue Möglichkeiten. So wird beispielsweise die Ganganalyse wesentlich einfacher als bisher. Wo früher am Körper angebrachte Marker – reflektierende Punkte – oder mit Spezialkameras verfolgte Sensoren nötig waren, genügt bei den heutigen KI-gestützten Systemen die Kamera eines handelsüblichen Smartphones oder Tablets.
Die mit Millionen von Bewegungsmustern trainierte KI er- kennt die Gelenkpunkte automatisch, die Aufnahme wird in die Cloud hochgeladen und dort analysiert. Wenige Minuten später erhält man eine detaillierte Auswertung – das versprechen zumindest die Anbieter wie OPED mit „Orthelligent Vision“ oder Lindera mit einer App-basierten Bewegungsanalyse. Eine weitere Technik zur Ganganalyse zeigt das Unternehmen Moticon. Unter dem Namen „ReGo“ bietet es Sensorsohlen an, die Daten in Echtzeit an eine App übertragen und so detaillierte Bewegungsprofile liefern.
3D-Scanner ergänzen die Handarbeit
Vielversprechend ist KI auch bei der Herstellung von Prothesen, Orthesen oder Einlagen, von der Vermessung über die Konstruktion bis zur Produktion. In vielen Betrieben wird zwar noch traditionell gearbeitet – mit Gipsabdrücken und mechanischen Messverfahren. Doch 3D-Scanner können die Handarbeit ergänzen, vereinfachen und auch für die Patientinnen und Patienten angenehmer machen. Nach der Nachbearbeitung – dem digitalen Modellieren – wird das Hilfsmittel vor Ort oder bei spezialisierten Dienstleistern konventionell oder per 3D- Druck hergestellt.
Zwei entscheidende Verbesserungen sind durch KI möglich. Zum einen könnten zukünftig teure, spezialisierte Kamerasysteme nicht mehr nötig sein, möglicherweise genügt ein Smartphone oder Tablet mit der entsprechen- den App. Bis vor kurzem galten Smartphone-Kameras noch als zu ungenau, doch die Technik entwickelt sich rasant weiter. Zum anderen unterstützt die KI die Bearbeitungssoftware dabei, sich automatisch auf das gewünschte Körperteil zu konzentrieren und Verzerrungen in den Aufnahmen automatisch zu beseitigen. So lassen sich Maße und Volumen von Prothesen realistisch kontrollieren und am Modell verändern. Das Berliner Start- up-Unternehmen 3D-Medico, das derzeit zur zweiten Pilotphase einlädt, zeigt, wie sich auf diese Weise in wenigen Minuten das 3D-Modell einer Hand erstellen lässt. Auch Scans von Oberkörper, Arm, Bein oder Fuß sollen möglich sein. Sollten sich Smartphone- oder Tablet- Kameras für professionelle 3D-Scans durchsetzen, würde das die Arbeit deutlich erleichtern: Die Betreuung von Menschen mit eingeschränkter Mobilität – sei es zu Hause oder in Pflegeeinrichtungen – oder von Sportlern in Leistungszentren wäre viel einfacher.
Chatbots und Sprachassistenten für bessere Patientenkommunikation
Weitere KI-Talente, die sich im Betrieb einsetzen lassen könnten, basieren auf der Spracherkennung sowie der Sprach- und Textausgabe. Einfaches Beispiel: Ein Tool wie ChatGPT lässt sich als willige Schreibhilfe verwenden. Wer zum Beispiel ungern Stellenanzeigen formuliert oder Texte für die eigene Unternehmenswebsite schreibt, findet hier gute Unterstützung. KI kann aber noch viel mehr. Viele Ärztinnen und Ärzte nutzen bereits sogenannte Dokumentationsassistenten, die gesprochene Sprache erkennen und daraus automatisch Befunde oder Berichte erstellen.
Solche Tools und Funktionen könnten auch die Mitarbeitenden in den Betrieben von den oft beklagten administrativen Aufgaben entlasten – bei Abrechnungen, Berichten oder Protokollen. Auch die Kommunikation mit Patientinnen und Patienten könnte so verbessert werden, zum Beispiel durch ein digitales Beratungstool zur richtigen Anwendung von Hilfsmitteln. In der Praxis gibt es das zwar noch nicht, aber wie ein Chatbot funktionieren könnte, lässt sich zum Beispiel am OrthoChat des Berufsverbandes für Orthopädie und Unfallchirurgie (orthinform.de/orthochat) ausprobieren. Rund um die Uhr bietet er Patientinnen und Patienten eine erste Einschätzung zu gesundheitlichen Fragen im Bereich des Bewegungsapparates – und das in 50 Sprachen. Der Chatbot wurde dafür mit Inhalten von Orthinform und anderen vertrauenswürdigen Quellen trainiert.
KI kann Prozesse optimieren und unterstützen, doch sie muss sorgfältig geprüft werden, um Qualität und Sicherheit zu gewährleisten. Sie ersetzt nicht das menschliche Handwerk, sondern ergänzt es sinnvoll. Vieles rund um das Thema KI im Sanitätshaus und in der Orthopädietechnik entwickelt sich rasant. Doch bei all dem gilt: Nicht jede neue Technologie muss sofort adaptiert wer- den. Innovationen brauchen Zeit, um sich zu bewähren, und Investitionen in Zeit und Geld sollten gut abgewogen werden. Dennoch ist es wichtig, den technologischen Fortschritt aufmerksam zu verfolgen und offen für Veränderungen zu bleiben. Wer sich frühzeitig damit auseinandersetzt, kann den richtigen Zeitpunkt für die Einführung besser abschätzen. Entscheidend ist, den Betrieb digital auf die Zukunft auszurichten – mit klarem Blick für die Chancen, aber ohne blinden Aktionismus.

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