Alle Akteure im Entlassmanagement an einen virtuellen Tisch bringen

Optica-Tochter nubedian stattet im Rahmen einer Ausschreibung über 100 Krankenhäuser in Bayern mit einem digitalen Entlassmanagement aus. Geschäftsführer Mathias Schmon berichtet, wo die Reise hingeht und wie Künstliche Intelligenz diese in Zukunft prägen wird.

Herr Schmon, nubedian gehört zu den führenden Softwareanbietern für Pflegeberatung und Entlassmanagement in Deutschland. Was bedeutet die Ausschreibung für Sie?

Das besondere an der Ausschreibung „mein-krankenhaus.bayern“ ist, dass sich 56 Klinikträger mit insgesamt rund 110 Krankenhäusern zusammengeschlossen haben, um ein gemeinsames Patientenportal einzuführen. Bisher ist es in Deutschland einzigartig, dass eine so große Anzahl von Krankenhäusern sich für die gemeinsame Nutzung eines Patientenportals entschieden hat. Für Millionen bayerische Patienten und ihre Angehörigen wird die digitale Partizipation an ihrer Krankenhausbehandlung somit Realität. Für uns eröffnet sich so die Möglichkeit, den Einsatz unserer Entlassplattform Caseform flächendeckend in Bayern auszuweiten.

 Wie stellt sich die Situation in den Krankenhäusern vor Einführung einer digitalen Entlassplattform dar?

Viele Krankenhäuser steuern das Entlassmanagement noch analog. Da kommen weiterhin Telefon und Fax zum Einsatz. Ausgestattet mit Papier- und Excellisten kontaktieren Mitarbeitende dann die einzelnen Versorger und fragen an, ob sie Patienten im Anschluss an ihren Klinikaufenthalt für die Nachversorgung aufnehmen können. Genau da setzt Caseform an und digitalisiert das Entlassmanagement. Ein großes Thema sind dabei fehlende Nachsorgekapazitäten.

 Was sind die Vorteile von Caseform im Entlassmanagement?

Unsere Plattform automatisiert sich wiederholende Arbeitsschritte. Statt 60 Telefonate für die Suche nach einem Nachversorgungsplatz zu führen, genügt in Casefom ein Mausklick auf den Button „Rundruf starten“. In Echtzeit ermittelt die Plattform dann die Versorger, welche zum Patientenprofil passend entsprechende zeitliche und personelle Ressourcen zur Verfügung stellen können. Das spart Zeit, Arbeitskraft und erhöht aufgrund der Vielzahl parallellaufender Anfragen die Wahrscheinlichkeit, zeitnah einen Nachversorgungsplatz zu finden. Das Entlassmanagement lässt sich so deutlich verschlanken. Krankenhäusern bietet Caseform damit auch die Möglichkeit, ihre Erlöse zu steigern, indem sie Patienten innerhalb der optimalen Verweildauer entlassen können. Weiterhin eröffnet Caseform Klinken Zugriff auf deutschlandweites Netzwerk an Leistungserbringern und bildet alle Prozesse im Entlassmanagement digital ab. So holen wir alle beteiligten Akteure an einen virtuellen Tisch, auch die Kostenträger.

Wie profitieren Sie durch die Zusammenarbeit mit Optica?

Optica bringt als Abrechnungsdienstleister viel Erfahrung im Gesundheitswesen mit, vor allem in den Bereichen Hilfs- und Heilmittel. Dieses Know-how können wir in Caseform einfließen lassen. So gibt es etwa Synergien im Bereich des Kontaktmanagements zu Nachversorgern und Kostenträgern. Im Gegenzug unterstützen wir Optica, einen digitalen Fußabdruck im Markt zu setzen und bringen unsere Expertise für neue digitale Verfahren und Prozesse, bspw. in Branchensoftwarelösungen ein. Damit haben wir die Möglichkeit, uns in einem Kreis erfahrener Kollegen zu Themen und Trends im Gesundheitswesen auszutauschen.

Welchen Stellenwert hat das Patientenwohl im Entlassmanagement mit Caseform?

Caseform bringt Nachversorger und Zuweiser digital zusammen. Damit vereinheitlichen wir die bisher diversen Kommunikationskanäle auf unserer Plattform. Es ist möglich, die Chatfunktion zu nutzen oder Patientendaten und Dokumente sicher auszutauschen. Dabei arbeiten wir mit einer Ende-zu-Ende Verschlüsselung. Das Patientenwohl steht dabei stets im Vordergrund. So ist transparent nachvollziehbar, warum die Wahl auf den entsprechenden Nachversorger fiel. Das stärkt auch das Patientenwahlrecht. Denn die Kollegen im Entlassmanagement können die Liste gemeinsam mit den Patienten und Angehörigen durchgehen. Dabei entlastet Caseform nicht nur Mitarbeitende im Krankenhaus: Die Nachversorger bekommen über die Plattform zu einem sehr frühen Zeitpunkt ein vollständiges Patientenprofil. So können fundierte Entscheidungen darüber getroffen werden, ob die nötigen Kapazitäten für die Nachversorgung zur Verfügung stehen. Und das wiederum kommt auch den Patienten zugute.

Mit dem Krankenhauszukunftsgesetz (KHZG) möchte die Bundesregierung die Digitalisierung voranbringen. Auch der Einsatz von Künstlicher Intelligenz verbirgt sich in den Kann-Kriterien einzelner Fördertatbestände. Inwieweit wird KI zukünftig im Entlassmanagement eine Rolle spielen?

Mit dem Gesetz stellt die Bundesregierung Fördermittel für die Digitalisierung der Krankenhäuser zur Verfügung. nubedian beteiligt sich gemeinsam mit der Hochschule Furtwangen, der Empolis Information Management, dem Deutschen Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz, dem Universitätsklinikum Bonn und der Universität Heidelberg am Projekt KIAFlex. Es erforscht den Einsatz von interaktiver KI für ein flexibles Entlassmanagement. Dabei geht es darum, das Entlassdatum und den Nachversorgungsbedarf vorherzusagen. Ziel ist es, frühzeitig mit der Entlassplanung beginnen zu können und so die Wahrscheinlichkeit zu erhöhen, einen Nachversorgungsplatz zu finden. Dabei befinden wir uns noch in einem explorativen Stadium. Sobald die Technologie entwickelt ist, können Feldstudien folgen, um die Akzeptanz und Anwendbarkeit zu testen. Sind Effizienz und Profitabilität getestet, soll die KI auch in Caseform einfließen. 

Welche Vision hinsichtlich einer KI-Strategie im Entlassmanagement verfolgen Sie?

Ziel ist die Automation des Entlassmanagements. Optimalerweise kann die KI dann bereits vor der Aufnahme Entlassdatum und Nachsorgebedarf ermitteln. Das ermöglicht eine optimale Planung des Durchlaufs und eröffnet die Chance, die Auslastung im Krankenhaus zu steigern. Somit werden manuelle Arbeitsschritte ersetzt und die Mitarbeitenden können sich auf die Pflege und Beratung der Patienten konzentrieren. Insbesondere in Zeiten des Fachkräftemangels wird KI eine wesentliche Rolle einnehmen. Hinzu kommt, dass wir uns in Deutschland mit einer stationären und pflegerischen Unterversorgung konfrontiert sehen. Je früher da das Entlassmanagement durchgeführt wird, desto wahrscheinlicher ist es, einen Nachversorgungsplatz zu finden. Mit KI lässt sich der Bedarf früher ermitteln. Die Integration von KI im Klinikalltag hängt maßgeblich von den zugrundeliegenden Datenmodellen in verschiedenen Bereichen ab. KI kann dort ansetzen, wo aussagekräftige Daten verfügbar sind.

!
Suchen Sie eine neue Branchensoftware?