Der Abrechnungsprozess für orthopädische Hilfsmittel: Kostenträger im Überblick

Teil 1 unserer 11-teiligen Serie für die Bundesfachschule für Orthopädietechnik: Der Abrechnungsprozess im Bereich der Orthopädietechnik ist ein komplexes Verfahren und beginnt bereits mit der Herausforderung der zuständigen Kostenträgers. Welche Kostenträger sind relevant? Und welche Besonderheiten gibt es?

Der Abrechnungsprozess im Bereich der Orthopädietechnik ist ein komplexes Verfahren. Er erfordert neben Zeit auch eine sorgfältige Abwicklung, damit alle erbrachten Leistungen und Produkte auch wirklich vergütet werden. Die Vielfalt der Kostenträger ist groß: In Deutschland gibt es aktuell 95 gesetzliche Krankenkassen und darüber hinaus eine große Bandbreite an anderen Kostenträgern, die alle eigenen Richtlinien und Verfahrensweisen folgen, welche es bei der Abrechnung korrekt anzuwenden gilt. 

Kostenträger im Gesundheitssystem

Innerhalb des Gesundheitssystems sind Kostenträger jene Institutionen, die sich um die medizinische Versorgung, Gesundheitsförderung, Krankenbehandlung und Rehabilitation der Bürger:innen kümmern - in Deutschland klassischerweise die gesetzlichen Krankenversicherungen (GKV). Laut Bundesgesundheitsministerium sind rund 90 % der Bürger:innen in der GKV versichert. Die Abrechnung von orthopädischen Hilfsmitteln und Leistungen erfolgt dabei direkt über die Kassen und wird mittels elektronischer Datenübertragung oder auf maschinell verwertbaren Datenträgern übermittelt. Dabei ist die Verwendung des Institutionskennzeichens (IK) notwendig. Nur so sind Sanitätshäuser in der Lage, eingereichte Rezepte für Hilfsmittel über den jeweiligen Kostenträger reibungslos abzurechnen. Doch auch mit anderen Behörden und Institutionen, wie z. B. Sozialämter, Polizeibehörden oder privaten Krankenkassen können Leistungserbringer abrechnen.

Gesetzliche Krankenkassen und ihre Besonderheiten

Die gesetzlichen Krankenversicherungen sind im deutschen Gesundheitswesen die Hauptkostenträger. Sie decken die medizinische Grundversorgung für den Großteil der Bevölkerung ab. Nach dem sogenannten Sachleistungsprinzip sind GKVen dazu verpflichtet, Versicherte ausreichend und bedarfsgerecht mit medizinischen Hilfsmitteln zu versorgen – sofern die Kosten für eine Leistung entsprechend dem Wirtschaftlichkeitsgebot ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sind (§ 12 Abs. 1 SGB V). Dieses Grundprinzip soll sicherstellen, dass Versicherte unabhängig ihrer finanziellen Leistungsfähigkeit eine medizinische Grundversorgung erhalten.

Die Abrechnung aller medizinischen Hilfsmittel, die die Leistungspflicht umfasst, erfolgt zwischen Leistungserbringer und GKV nach festgelegten Preisen und Richtlinien. Diese sind im Hilfsmittelverzeichnis und den Versorgungsverträgen definiert. Zusätzlich müssen Sanitätshäuser bei der Abrechnung die Regelungen zu gesetzlichen Zuzahlungen, Eigenanteilen und Mehrkosten berücksichtigen. Die gesetzliche Zuzahlung ist die zwingende Beteiligung der Patient:innen an den anfallenden Kosten der Hilfsmittelversorgung. Diese beträgt 10 % des Abgabepreises, mindestens jedoch fünf Euro und maximal zehn Euro.

Versicherte müssen sich zudem an den Kosten beteiligen, wenn das zur Verfügung gestellte medizinische Hilfsmittel ein Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens ist (z. B. orthopädische Schuhe). Die Höhe des Eigenanteils variiert je Hilfsmittel und richtet sich nach den Empfehlungen des GKV-Spitzenverbandes. Versicherte können sich zudem freiwillig durch eine wirtschaftliche Aufzahlung an den Kosten der Hilfsmittelversorgung beteiligen. Diese Mehrkosten entstehen, wenn Kund:innen Hilfsmittel oder zusätzliche Leistungen wählen, die über das medizinisch Notwendige hinausgehen. 

Gesetzliche Krankenkassen bieten ihren Versicherten unterschiedliche Tarife und Leistungen an. Die Versicherungsträger sind in verschiedene Kassenarten gegliedert, basierend auf Zielgruppe, historischer Entwicklung und regionaler Verankerung:

  • Allgemeine Ortskrankenkassen (AOK): Die elf AOKen sind regional verankerte Krankenkassen, die in jedem Bundesland vertreten sind und zu den größten in Deutschland zählen. Ihre umfangreichen Leistungen und Services sind auf die breite Bevölkerung ausgerichtet. 
  • Betriebskrankenkassen (BKK): Ursprünglich für die Mitarbeiter bestimmter Unternehmen gegründet, stehen heute viele der rund 70 BKKen allen Interessenten offen. Ihre Leistungen sind häufig branchenspezifisch ausgerichtet.
  • Ersatzkassen: Zu den Ersatzkassen zählen unter anderem die Techniker Krankenkasse (TK), die Barmer und die DAK-Gesundheit. Diese Kassen waren ursprünglich für bestimmte Berufsgruppen gedacht, sind aber mittlerweile für alle Versicherten zugänglich.

Ebenfalls zu nennen sind die Innungskrankenkassen (IKK), Landwirtschaftliche Krankenkassen und Knappschaftliche Krankenkassen. 

Private Krankenversicherungen (PKV)

Bei den privaten Krankenversicherungen gilt das Kostenerstattungsprinzip: Patient:innen erhalten von den Leistungserbringern die Rechnung für die in Anspruch genommenen Sach- und Dienstleistungen und übernehmen die Bezahlung zunächst selbst. Anschließend reichen die Versicherten diese Rechnung bei ihrer PKV ein und erhalten den Betrag ganz oder teilweise zurück. Die konkreten Bestimmungen zur Kostenübernahme sind im jeweiligen Versicherungstarif festgehalten, welcher die Leistungen der jeweiligen privaten Versicherung regelt. So ist es möglich, dass PKVen Leistungen abdecken, die über den Standard der GKV hinausgehen – aber auch, dass Leistungen, die bereits im GKV-Hilfsmittelverzeichnis aufgeführt sind, im PKV-Tarif (noch) nicht enthalten sind und damit hohe Eigenbeteiligungen durch den Versicherten anfallen. 

Für Sanitätsfachgeschäfte bedeutet das Kostenerstattungsprinzip zwar, dass der Rechnungsempfänger i.d.R. der Versicherte selber ist und nicht die PKV als Kostenträger. Sofern die Versicherung jedoch den Antrag auf Kostenübernahme ablehnt oder eine hohe Eigenbeteiligung anfällt, kann es zu Beschwerden kommen. Zur optimalen Versorgung der Kund:innen ist es deshalb ratsam, bereits im Vorfeld über mögliche Selbstbeteiligungen an den Kosten aufzuklären. 

Gesetzliche Unfallversicherungen

Träger der gesetzlichen Unfallversicherung sind vor allem die Berufsgenossenschaften und Unfallkassen. Sie kommen für Kosten auf, die im Zusammenhang mit Arbeitsunfällen oder Berufskrankheiten entstehen. Sanitätshäuser spielen oft eine wesentliche Rolle in der Rehabilitation von Unfallopfern, indem sie orthopädische Hilfsmittel und Prothesen zur Verfügung stellen. Im Gegensatz zur gesetzlichen Krankenversicherung wird bei der gesetzlichen Unfallversicherung der Umfang der medizinischen Versorgung nicht durch das Wirtschaftlichkeitsgebot begrenzt. Patient:innen haben einen Anspruch auf eine bestmögliche Heilbehandlung bzw. Rehabilitation. 

Sozialhilfeträger und sonstige Kostenträger

Sofern für die orthopädische Versorgung kein anderer Kostenträger zuständig ist und der/die Betroffene die Kosten nicht selbst tragen kann, kommen Sozialhilfeträger als mögliche Kostenträger auf. Patient:innen oder deren Angehörige müssen hier im Vorfeld einen Antrag zur Übernahme der Leistungen stellen. 

Neben den bereits genannten Kostenträgern sind auch die gesetzlichen und privaten Pflegeversicherungen im Bereich der Orthopädietechnik relevant. Diese sind organisatorisch an der GKV bzw. PKV angehängt und übernehmen die Kosten für Hilfsmittel, sofern diese zur Erleichterung der Pflege dient. Die entsprechenden Pflegehilfsmittel sind im GKV-Hilfsmittelverzeichnis unter der Produktgruppe 50 - 54 zu finden.

Der Begriff „Sonstige Kostenträger“ (SKT) beinhaltet die Kostenträger, die nicht zur gesetzlichen Krankenversicherung zählen und medizinische Leistungen für bestimmte Personengruppen übernehmen – beispielsweise Bundeswehr, Bundespolizei, Bundesbahnbeamte oder Postbeamte. Für jeden SKT besteht ein gesonderter Vertrag. Ob die Abrechnung direkt über den SKT oder über die Krankenversicherung erfolgt, variiert entsprechend den Vereinbarungen und muss einzeln geprüft werden. 

Fazit

Der Abrechnungsprozess in der Orthopädietechnik erfordert ein gutes Kostenträgermanagement, um den spezifischen Richtlinien, gesetzlichen Vorgaben und technischen Anforderungen gerecht zu werden. Das Kostenträgermanagement umfasst dabei die Pflege der Stammdaten, Aktualisierung der Verträge und Sicherstellung aller Vorgaben der unterschiedlichen Kostenträger sowie Rechnungsstellung und Controlling. Eine korrekte Abrechnung stellt nicht nur die wirtschaftliche Basis des Sanitätshauses und des Betriebes dar, sondern gewährleistet auch die optimale Versorgung der Patient:innen. Die Krankenkassen prüfen in einem vielschichtigen Verfahren eine Fülle an Kriterien: Sind alle übermittelten Unterlagen korrekt? Besteht ein Anspruch der Patient:innen auf die erbrachte Leistung? Wurden alle Fristen, Positionen und vertraglichen Konditionen eingehalten? 

Um den Abrechnungsprozess effektiv zu managen, bietet sich die Zusammenarbeit mit einem kompetenten Abrechnungszentrum an. Die Abrechnung der Rezepte für Hilfsmittelerbringer:innen kann so stressfrei in Expertenhand gegeben werden. Zusätzliche Leistungen, wie bei Optica beispielsweise der Preis-Check, unterstützen beim Umgang mit komplexen Krankenkassenverträgen. Die Vertragsdatenbank enthält rund 5.500 gültige Verträge der Krankenkassen und Leistungserbringergemeinschaften und gleicht automatisch die Preise und Positionsnummern mit den Angaben der Hilfsmittelverträge ab. Damit Absetzungen reduziert, Zeit gespart und kein Geld verschenkt wird.

Zusammenfassung:

Der Artikel beschreibt den Abrechnungsprozess für orthopädische Hilfsmittel und beleuchtet dabei auf die Vielfalt der relevanten Kostenträger. Zu den Hauptkostenträgern zählen die gesetzlichen Krankenversicherungen (GKV) - fast 90 % der deutschen Bevölkerung sind bei ihnen versichert. 

Die Abrechnung mit den GKVen erfolgt nach festgelegten Preisen und Richtlinien, die im Hilfsmittelverzeichnis und in Versorgungsverträgen definiert sind. Dabei unterliegen die GKVen dem Sachleistungsprinzip und dem Wirtschaftlichkeitsgebot. Neben den GKVen gibt es private Krankenversicherungen (PKV), gesetzliche Unfallversicherungen, Sozialhilfeträger, private sowie gesetzliche Pflegeversicherungen und sonstige Kostenträger (SKT), die in unterschiedlichen Fällen die Kosten übernehmen. 

Jeder Kostenträger hat eigene Krankenkassenverträge, Anforderungen und Vorgaben, was die Abrechnung für orthopädische Hilfsmittel besonders herausfordernd macht. Ein gutes Kostenträgermanagement ist deshalb essenziell, um durch die korrekte Abrechnung die finanzielle Sicherheit des Betriebs zu verbessern und kein Geld zu verschenken. Dabei kann ein kompetentes Abrechnungszentrum effektiv und stressfrei unterstützen. 

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