Branding: Starke Marke

Muss man sich als Inhaber:in einer gut funktionierenden Praxis auch noch über Markenbildung und -auftritt Gedanken machen? Fachleute sagen: unbedingt!

Korrekturmöglichkeiten von Heilmittelverordnungen in der Physiotherapie

Eine Marke ist mehr als ein Name. Sie ist das Gesicht des Unternehmens, das seine Werte, seine Identität und seine Mission widerspiegelt. Sie hilft dabei, sich von anderen zu unterscheiden und die eigenen Produkte oder Dienstleistungen wiedererkennbar zu machen. Zugleich kann eine Marke Strahlkraft entwickeln, die weitaus stärker ist als der eigentliche Firmenname.

Dr. Best hat es geschafft, zum Inbegriff einer besonderen Zahnbürste zu werden – und dabei vergessen lassen, welche Unternehmen in den vergangenen Jahrzehnten hinter der Marke standen. Ähnlich verhält es sich mit Tempo, das die Menschen an Taschentücher denken lässt, unabhängig davon, wer sie produziert. Und „Haribo macht Kinder froh und Erwachsene ebenso“ ist die deutlich markantere Fassung von: Der Süßwaren-Produzent Hans Riegel aus Bonn macht Kinder froh und Erwachsene ebenso. Wer bekannt werden und wachsen will, braucht einen griffigen Namen. Und so wurde aus HAns RIegel aus BOnn die Marke HARIBO.

Ist das überhaupt relevant für die Praxen von Heilmittelerbringer:innen? Auf jeden Fall, sagt etwa Peter Pirck, geschäftsführender Gesellschafter der Brandmeyer-Markenberatung in Hamburg. Allerdings sei bei ihnen weniger der Name selbst von Bedeutung (siehe auch Kasten auf Seite 12), sondern das, was sich dahinter verberge: „Bei Markenbildung geht es vor allem darum, sich einen guten Ruf aufzubauen und sich ,einen Namen zu machen‘“, so Pirck. Und das gelinge Praxen vor allem durch gute Arbeit, also mit dem Kerngeschäft von Therapeut:innen. Diese fühlen sich der bestmöglichen Behandlung ihrer Patient:innen verpflichtet. Durch ihren persönlichen Einsatz können Praxisinhaber:innen selbst zur Marke werden. Ein nachhaltiges, auch kommerziell erfolgreiches Geschäftsmodell lässt sich nur aufbauen, wenn dem ethischen Anspruch der Gesundheitsversorgung entsprochen wird. „Ich empfehle schließlich nicht die Praxis mit dem schönsten Namen oder dem besten Werbeslogan weiter, sondern die, die mir beispielsweise bei meinen Rückenschmerzen geholfen hat“, erklärt Pirck. Praxisinhaber:innen beschäftigen sich mit dem Thema Markenbildung also von vornherein, indem sie einen guten Job machen. „Die eigentliche Leistung steht bei der Marke stets im Mittelpunkt“, bestätigt auch der als „Mr. Marke“ bekannte Markenstratege Prof. Dr. Karsten Kilian. Allerdings spiele das Branding, also der Auftritt der Marke, ebenfalls eine nicht unwesentliche Rolle. „Auch das beeinflusst die Gesamtbewertung durch die Patient:innen.“ Irgendwann sollte eine Praxis sicherlich ein Logo haben, oft auch einen passenden Slogan, und dann – je nach Größe der Praxis – idealerweise ein komplettes Corporate Design (Erscheinungsbild: Farben, Schriften, Formen etc.) sowie eine Corporate Identity (gemeinsame Werte, Ziele und Verhaltensweisen). „So erhält die Praxis einen eigenen Charakter, der für bestimmte Kundengruppen besonders attraktiv ist – und deshalb zu Weiterempfehlungen und hoher Kundenloyalität führt“, ist Kilian überzeugt.
 

„Bei Markenbildung geht es vor allem darum, sich einen guten Ruf aufzubauen und sich ,einen Namen zu machen‘, wie es so schön heißt.“

Peter Pirck, geschäftsführender Gesellschafter der Brandmeyer-Markenberatung in Hamburg

Vor allem gilt das natürlich für größere Einrichtungen, wie zum Beispiel die von Gerhard Jeske. Der gelernte Sportlehrer und Sportphysiotherapeut ist Inhaber eines großen Therapiezentrums in Ludwigsburg. Als er es 1989 eröffnete, gehörte er zu den Pionieren auf diesem Gebiet. „Unsere Vision war damals, Schulmedizin, Physiotherapie und medizinische Trainingstherapie sehr eng miteinander zu kombinieren“, so Jeske. Daraus entstand der Name MEDIKUS, wie bei HARIBO ein Akronym: MEDI steht für Medizin, K für Krankengymnastik, U für und, das S für Sporttherapie. Gut 30 Jahre später ist das Gesundheitszentrum aus der Stadt nicht mehr wegzudenken. Rund 3.000 Patient:innen werden dort jährlich behandelt, inzwischen ist mit LIFE auch noch ein großer Fitnessclub eingerichtet und mit MEDIFIT ein Rehasportverein gegründet worden. Die Marke hat also Töchter bekommen. Ein Gesamtpaket, das auch entsprechend nach draußen getragen wird: „Wer nicht wirbt, der stirbt“, so Jeske. „Deshalb haben wir einen Mitarbeiter, der nur für Marketing zuständig ist und dafür auch ein festes Budget hat. Das Ziel ist, permanent in der Stadt präsent zu sein, um als Marke wahrgenommen zu werden.“

Doch auch immer mehr Inhaber:innen kleinerer Praxen wollen einen starken Markenauftritt nicht den großen Platzhirschen überlassen. So wie Laura Latifi Franco und Anna Vahle. Die beiden Physiotherapeutinnen eröffneten Anfang des Jahres in Warburg ihre erste eigene Praxis: „Physio +“. Dabei steht das Plus dafür, dass es den beiden jungen Frauen eben nicht nur darum geht, das Standardprogramm anzubieten. „Ganzheitlich gesund“, so der Slogan der neuen Praxis. Das beinhaltet zum Beispiel Personal Training, aber auch Yogakurse oder Entspannungstherapie. Unterstützt wurden sie beim Branding von einer professionellen Agentur. Denn auch das ist wichtig beim Thema Branding: „Man kann von Praxisinhaber:innen nicht erwarten, dass sie sich mit Themen wie Branding und Marketing selbst auskennen“, so Markenexperte Kilian. „Aber man sollte ihnen dringend empfehlen, sich Menschen zu suchen, die genau das tun.“ 


Wie Schall und Rauch?

Der Name einer Praxis ist nicht unwesentlich für den Aufbau einer Marke. Fünf Tipps von Peter Pirck von der Brandmeyer-Markenberatung in Hamburg:

  1. Keine Kreativität um der Kreativität willen! Stilblüten wie „Mata Haari“ oder „Inglourious Barbers“ sollten Praxisinhaber:innen allenfalls den Friseur:innen überlassen.
  2. Der Name sollte vor allem merkfähig sein und Resonanz erzeugen! Denn was bringt der originellste Praxisname, wenn er nicht in Erinnerung bleibt und deshalb nicht weitergegeben wird.
  3. Wortspielereien mit Physio, Ergo oder Logo bieten sich einerseits an, andererseits sind deshalb auch schon andere auf die Idee gekommen. Sich hier mit einem solchen Namen (merkfähig) abzugrenzen, dürfte inzwischen schwierig sein.
  4. Sinnvoll ist es, mit dem Namen die Besonderheit einer Praxis zu vermitteln. Das kann ein spezieller inhaltlicher Schwerpunkt oder Markenkern sein, ebenso aber auch einfach nur der Standort.
  5. Der Familienname als Praxisname ist vielleicht nicht originell, wenn man ihn als Marke aufbauen kann (zum Beispiel aufgrund einer besonderen Expertise) aber nicht der schlechteste Weg: denn Vertrauen wird immer über Menschen geschaffen.

Interview: "Markenpapst" Prof. Dr. Franz-Rudolf Esch über Markenaufbau für Praxen

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