PRAXISnah: „Es geht darum, den Alltag der Patient:innen zu verändern.“

Kollegen über die Schulter schauen und voneinander lernen: unter diesem Motto geben wir Einblicke in Besonderheiten anderer Praxen. Heute mit Physiotherapeut Alexander Kautz.

Herr Kautz, was ist das Besondere an Ihrer Praxis?

Wir verfolgen einen ganzheitlichen Ansatz und führen Physiotherapie und Osteopathie zusammen. Nach einer ersten Diagnose beginnt die physiotherapeutische Therapie, die aber durch die Osteopathie begleitet wird. Diese setzt am Alltag der Patient:innen an und zielt darauf, diesen nachhaltig zu verändern. Eine reine Physiotherapie droht erfolglos zu bleiben, wenn die Ursachenbekämpfung fehlt. Aus akuten Problematiken werden dann schnell chronische.

Was setzen Sie dem entgegen?

Wir nehmen uns die Zeit, eine Ursachen-Folgen-Kette zu ermitteln. Wir suchen nach tieferliegenden Ursachen: Das reicht von Ernährungsproblematiken über stressige Alltagssituationen bis zu Schlaf- und psychischen Problemen. Wir ermitteln und behandeln das nach und nach. Alle vier bis sechs Wochen überprüfen wir die Fortschritte mit einzelnen physiotherapeutischen Übungen in der Osteopathie. Unsere Patient:innen wissen also, dass sie eine Nachkontrolle erfahren – das motiviert sie zusätzlich, ihre Übungen auch durchzuführen. Vereinfacht gesagt führt dieser Ansatz dazu, dass wir nicht nur auf die Gelenke schauen, sondern auf die Patient:innen und ihr Wohlbefinden als Ganzes.

Können Sie dafür ein konkretes Beispiel geben?

Nehmen Sie zum Beispiel die Arbeit als Vertreter:in: Man ist den ganzen Tag über im Auto unterwegs, hat durch die entsprechende Haltung eine starke Beugerichtung der Halswirbelsäule und bewegt diese zu wenig. Durch die haltungsbedingte Kompression entsteht eine Spannungskette in der Halswirbel- oder in der Lendenwirbelsäule. In der Osteopathie sehen wir auch, wie die Zwerchfellkette, sozusagen der Atemmotor, beeinträchtigt wird. Die Betroffenen atmen im oberen Thorax und die Bauchatmung wird deaktiviert. Im Normalfall sollte aber über den Bauch geatmet werden. Atmen wir jedoch permanent in den Schulter- und Nackenbereich hinein, führt das unweigerlich zu Verspannungen.

Was bedeutet das für Ihre therapeutische Arbeit?

Beim genannten Beispiel versuchen wir nicht in erster Linie, Schulter- und Nackenbereich zu lockern. Denn wenn die Patient:innen ansonsten nichts ändern, kommen die Verspannungen Tag für Tag wieder. Es geht vielmehr darum, oft über Jahre falsch aufgebaute Muster zu korrigieren. In unserem Beispiel heißt das für die Patient:innen, dass sie die Bauchatmung wieder erlernen und ihre Atemtechnik regelmäßig kontrollieren, um den Schulter- und Nackenbereich zu entlasten.

Sie beschäftigen sich in Ihrer Arbeit mit den Patient:innen auch mit Ernährungsfragen.

Wir geben nicht nur Ernährungstipps, sondern haben uns auf die viszerale Osteopathie spezialisert. Diese Behandlung der inneren Organe ist eine Möglichkeit, den Stoffwechsel anzuregen und somit die Patient:innen dauerhaft zu entlasten. Die Ernährung ist aber nur ein Baustein unseres ganzheitlichen Ansatzes. Osteopathie und Physiotherapie, richtige Ernährung und regelmäßige Trainings sind alles Grundpfeiler für eine gesunde Lebensweise. Unser übergeordnetes Ziel ist, den Patient:innen möglichst weitere Behandlungen zu ersparen.

Das heißt Prävention spielt eine besondere Rolle?

Absolut, deshalb bieten wir auch regelmäßige Gymnastik-Ckeck-ups an. Die Leute sollen ganz bewusst auch beschwerdefrei zu uns kommen. Dann prüfen wir, was vielleicht vorausschauend gelöst werden muss. So ein „Körper-TÜV“ kommt nicht zuletzt auch den Krankenkassen zugute. Es ist doch besser, jemanden zur Prophylaxe zu schicken, bevor er ein halbes Jahr ausfällt. Deshalb denke ich, die Kassen sollten noch mehr Boni an die Patient:innen für vorsorgliche Untersuchungen geben. Entsprechende Ansätze sind ja teilweise schon vorhanden, aber sie müssten noch viel bekannter gemacht werden.

Wenn wir noch konkreter über Ihre Praxis sprechen: Mit welchem Team leisten Sie Ihren ganzheitlichen Ansatz?

Mich eingerechnet sind wir vier Kolleg:innen, die sich jeweils zu zweit um Osteopathie und Physiotherapie kümmern. Wobei die Kollegin, die mit mir die Osteopathie übernimmt, aktuell in Elternzeit ist. Gerne würden wir unser Team noch ausbauen, aber auch wir spüren den Fachkräftemangel. Wir zahlen gut, aber es gibt einfach zu wenig Nachwuchs. Auch hier kann ich mir strukturelle Verbesserungen vorstellen: Die Ausbildung in Physiotherapie und Osteopathie ist einfach noch zu kostspielig für die jungen Leute. Hier brauchen wir mehr finanzielle Anreize.

Wie sind Sie selbst zu Ihrer eigenen Praxis gekommen?

Ich habe als Physiotherapeut angefangen, mich aber recht früh für das zusätzlich Osteopathie-Studium entschieden. Daran habe ich noch eine zweijährige Heilpraktiker-Ausbildung angeschlossen, ohne die ich die osteopathische Praxis nicht betreiben dürfte. Der Weg war nicht immer einfach, aber dass ich dadurch ganzheitlich arbeiten kann, ist erfüllend. Und die Vergütung in der Osteopathie ist durchaus attraktiv. Unsere Praxis habe ich 2021 übernommen. Auch das war eine beachtliche Herausforderung, aber wenn man dieses Ziel von Herzen verfolgt, schafft man das auch. Ich muss zudem sagen: Ich habe auch die Abrechnung mit Optica von meinem Vorgänger übernommen. Für unsere Arbeit ist das eine große Entlastung, die reibungslos funktioniert.

Praxis für Osteopathie Offenburg Alexander Kautz

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