Praxisverkauf: Am besten früh anfangen

Verkauf und Übergabe der eigenen Praxis wollen gut geplant werden sein. Besonders wichtig ist es, sich nicht selbst unter Zeitdruck zu setzen.

Ältere Frau und jüngerer Mann besprechen Papierkram

Wer seine Praxis verkaufen möchte, wünscht sich einen möglichst hohen Verkaufspreis und niedrige Steuern. "Um sich diese Wünsche zu erfüllen, sollten Praxisinhaber:innen genügend Zeit für die Transaktion einplanen", sagt Dirk Ledermann. Als Bankfachwirt und Versicherungsexperte weiß er, was beim Praxisverkauf alles zu beachten ist. Seiner Erfahrung nach dauert ein Praxisverkauf mindestens zwei bis drei, manchmal auch fünf Jahre. „Denn Wertermittlung, steuerliche Gestaltung und Vertragsverhandlungen lassen sich nicht übers Knie brechen“ gibt Ledermann zu bedenken.

Nur wer früh genug anfängt, hat dann auch Zeit, sich mit den wichtigen Fragen zu beschäftigen. Zum Beispiel damit, was die Praxis wert ist, in die vermutlich neben Geld auch viel Lebenszeit und -energie geflossen sind. Für eine Bewertung empfiehlt Dirk Ledermann, zunächst eines der gängigen Wertermittlungsverfahren zu nutzen. Dabei können ein branchenerfahrenes Steuerberatungsbüro, die Abrechnungsstelle oder auch berufsständische Netzwerke helfen. Bei der Wertermittlung gibt es jedoch einen Interessenkonflikt: Die Inhaber:innen wollen einen möglichst hohen Preis für ihr Lebenswerk erzielen, die Käufer:innen aber möglichst wenig dafür bezahlen.

Was macht eine Praxis wertvoll?

Planvolle Verkäufer:innen geben sich deshalb nicht mit nur einem Wertermittlungsverfahren zufrieden, sondern ziehen mehrere heran und wählen das beste Ergebnis aus. Genügend Zeit vorausgesetzt, stellen sie auch bei der Bilanzierung frühzeitig die Weichen, um das Optimum herauszuholen. Da potenzielle Käufer:innen ihren prüfenden Blick meist auf die Geschäftszahlen mehrerer Jahre werfen, sollten diese möglichst gut aussehen. Und dieser Anblick lässt sich optimieren: Mit guter Beratung ist es durchaus möglich, innerhalb eines solchen Zeitraums Umsätze und Ausgaben über einen solchen Zeitraum entsprechend zu steuern. „Zahlen, die sich über die Jahre hinweg wie eine Perlenkette nach oben ziehen, also keine großen Schwankungen aufweisen, sehen einfach gut aus“, sagt Ledermann.

Doch eine vielversprechende Geschäftsentwicklung ist nicht alles. Entscheidend für die Attraktivität einer Praxis ist auch die technische Ausstattung. Sind beispielsweise physiotherapeutische Liegen oder andere Geräte veraltet, ziehen Interessent:innen die nötigen Investitionen vom Kaufpreis ab. „Wer solche Diskussionen vermeiden will, sollte regelmäßig modernisieren“, sagt Ledermann und warnt davor, die Praxis „auf Verschleiß zu fahren“. Das gilt nicht nur für die Technik, sondern auch für die Organisation und die Arbeitsabläufe. Wie werden zum Beispiel die Patientendaten gepflegt, und wie funktioniert das Terminmanagement? Sind diese Prozesse bereits digitalisiert, wird dies von den Interessent:innen honoriert. Wer noch mit Karteikästen und Handzetteln arbeitet, muss mit Abschlägen beim Verkaufspreis rechnen.

Erst ein gut gepflegter Patient:innenstamm macht eine Praxis wertvoll. Doch nur ein Teil der Patien:innen kommt von selbst wieder. Andere will der oder die neue Inhaber:in vielleicht nach dem Kauf kontaktieren, um die Praxis in Erinnerung zu rufen. Die Einsicht in die Daten des oder der Vorgänger:in und die Kontaktaufnahme sind jedoch nur erlaubt, wenn die Patient:innen dem vorher ausdrücklich zugestimmt haben – Stichwort Datenschutzvereinbarung. „Im Idealfall holen verkaufswillige Inhaber:innen diese Zustimmung bereits während der Vorbereitungszeit des Verkaufs ein. So bieten sie keine Angriffsfläche, um den Preis der Praxis zu drücken“, empfiehlt Dirk Ledermann.

Team einbinden und Zeitpuffer einplanen

Auch die eigenen Mitarbeiter:innen sollten auf die Verkaufspläne vorbereitet werden. Das empfiehlt sich nicht nur aus Gründen einer transparenten und vertrauensvollen Zusammenarbeit, sondern auch mit Blick auf die potenziellen Käufer:innen. „Es ist ein alter Trick unter Immobilienkäufern, eben nicht zum vereinbarten Besichtigungstermin zu erscheinen, sondern überraschend ein paar Tage vorher, um die Immobilie im ungeschönten Alltag zu erleben“, erklärt Ledermann. Ein Überraschungsbesuch in der Praxis kann bei unvorbereiteten Mitarbeiter:innen zu einer Verärgerung führen, die sich vermeiden lässt.

Selbst wenn schließlich alles geregelt zu sein scheint, kann es kurz vor Vertragsunterzeichnung immer noch zu langen Verzögerungen kommen. Kaufverträge dieser Art werden in der Regel notariell beurkundet. Wünscht eine Seite der beiden Parteien eine noch so kleine Vertragsänderung, vergehen schnell mehrere Wochen, bis ein neuer Entwurf vorliegt. Auch die Finanzierung über eine Bank kann zur Stolperfalle werden, wenn sich das Institut umentscheidet und abspringt. „Es ist nicht übertrieben, für die notarielle Vorbereitung und die Sicherung der Bankfinanzierung sechs bis neun Monaten einzuplanen“, warnt Ledermann. „Deshalb kann ich es gar nicht oft genug wiederholen: Wer die Zeit auf seiner Seite hat, verschafft sich Vorteile beim Praxisverkauf.“

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