Richtig abgesichert: Braucht meine Praxis eine Rechtsschutzversicherung?

Welche Rechtsschutzversicherung(en) benötige ich als Praxisinhaber:in? Rechtsanwalt & Fachanwalt für Medizinrecht Dr. Dr. Thomas Ruppel gibt einen Überblick und erklärt, worauf verzichtet werden kann.

Als Arbeitgeber:in rechtssicher handeln: Einstellung, Arbeitsvertrag, Kündigung

Wie immer gilt, dass eine Versicherung nur dann notwendig ist, wenn man beim Schadenseintritt (Versicherungsfall) die damit verbundenen Kosten nicht oder nur schwierig selbst bestimmen kann. Ebenso wenig wie es für Praxisinhabende notwendig ist eine Handy- oder Brillenversicherung vorzuhalten, bedarf es stets einer (umfassenden) Rechtsschutzversicherung.

Welche Versicherungsleistungen bietet eine Rechtsschutzversicherung?

Eine Rechtsschutzversicherung übernimmt zunächst Anwaltskosten für die außergerichtliche Vertretung und Vertretung vor Gericht. Dabei übernimmt sie die Rechtsanwaltskosten in aller Regel nach den gesetzlichen Gebühren des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes (RVG). Viele Rechtsanwält:innen vereinbaren mit ihren Mandant:innen jedoch Stundensätze. Diese werden zumeist nicht von der Rechtsschutzversicherung übernommen. Wenn der Anwalt oder dieAnwältin gleichwohl beauftragt werden soll, muss der Versicherungsnehmende die Differenzkosten selbst tragen. Es gibt jedoch auch Rechtsschutzversicherungen, die einen anwaltlichen Stundensatz übernehmen.

Die Rechtsschutzversicherung übernimmt aber nicht nur die eigenen Anwaltskosten: Verliert man den Prozess, muss man auch die gegnerischen Anwaltskosten tragen. Diese übernimmt auch die eigene Rechtsschutzversicherung. Der Ersatz der gegnerischen Anwaltskosten ist immer auf die gesetzlichen Gebühren beschränkt. D. h. auch wenn der oder die Gegner:in eine sündhaft teure Kanzlei engagiert, muss man nie mehr als die gesetzlichen Gebühren erstatten, die dann beim Verlieren auch von der eigenen Rechtsschutzversicherung abgedeckt werden.

Die meisten Gerichtsverfahren sind zudem gerichtskostenpflichtig, auch hier können schnell vierstellige Summen entstehen. Noch teurer wird es, wenn im Rahmen eines Gerichtsverfahrens Sachverständige beauftragt und bezahlt werden müssen. Die Rechtsschutzversicherung übernimmt auch hierfür die Kosten.

Wo liegt der Unterschied zur Berufs-und Betriebshaftpflichtversicherung?

Auch die Betriebs- und Berufshaftpflichtversicherungen übernehmen Anwalts- und Gerichtskosten. Die Betriebshaftpflichtversicherung haftet für alle Vermögensschäden, die beim Praxisbetrieb anfallen und nicht auf eine Fehlbehandlung zurückgehen, etwa wenn ein:e Patient:in auf dem zu feucht gewischten Boden stürzt oder im Winter der Schnee auf dem Praxisgrundstück nicht geräumt wurde. Die Berufshaftpflichtversicherung haftet für alle behaupteten Fehlbehandlungen und die daraus resultierenden Vermögensschäden. 

Da die Betriebs- und Berufshaftpflichtversicherungen im Zweifel den Schaden zahlen müssen, übernehmen sie auch die Rechtsverteidigung, d. h. sie suchen Anwält:innen aus, führen den Prozess und übernehmen im Fall einer Verurteilung nicht nur den Schaden als solches sondern auch die Anwalts- und Gerichtskosten. Für diese Fälle bedarf es also keiner Rechtsschutzversicherung und ist auch kein Rechtsschutzversicherungsschutz zu erlangen.

Wichtig: Es besteht ein Unterschied zwischen privater und beruflicher Rechtsschutzversicherung

Gerade wenn schon Rechtsschutzversicherungsverträge bestehen, muss unbedingt darauf geachtet werden, ob diese den Praxisbetrieb oder die Privatperson des Inhabenden absichern. Selbst wenn die Praxis als Einzelunternehmen geführt wird, d.h. der Praxisinhabende juristisch identisch mit der Praxis ist, ist bei der Rechtsschutzversicherung streng darauf zu achten ob diese als private oder als betriebliche Rechtsschutzversicherung abgeschlossen wurde: So hilft etwa eine private Arbeitsrechtsschutz nicht weiter, wenn man als Praxisinhabende:r in der Rolle des bzw. der Arbeitgebenden Streit hat. Wird die Praxis in einer anderen Rechtsform als der einer Einzelpraxis betrieben, etwa eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) oder einer GmbH, ist darauf zu achten, dass auch gerade dieser Praxisträger der Versicherungsnehmer der Rechtsschutzversicherung ist.

Welchen Versicherungsumfang benötige ich?

Jede Praxis hat andere Risiken, Praxisinhabende sollten mit ihren Versicherungsvertretern die abzusichernden Risiken besprechen. Hier einige wesentliche Aspekte:

Existenzielle Bedeutung haben die Praxisräumlichkeiten. Denn sie sind Gegenstand der Zulassung und unterliegen besonderen baulichen Anforderungen. Alternative Räumlichkeiten sind oft nur schwer zu finden. Aus diesem Grund kann es sinnvoll sein, eine Rechtsschutzversicherung für den Bereich des Gewerbemietrechts abzuschließen, um sich bei Streitigkeiten auch wehren zu können. Wichtig dabei: Die oft erheblichen Anwaltskosten bei Verhandlung von Praxismietverträgen werden von Rechtsschutzversicherung hingegen nicht übernommen, da Verhandlungen kein Rechtsstreit sind.

Hilfreich sein kann auch eine Sozialrechtsschutzversicherung. Denn Streitigkeiten rund um die Zulassung als Heilmittelerbringende:r oder bei Absetzungen sind den Sozialgerichten zugewiesen. Hierbei ist es wichtig, auch das sogenannte Vor-oder Widerspruchsverfahren mit abzusichern. Denn viele Versicherungsvertreter:innen meinen, dass ein solches Verfahren, bei dem auch kein Anwaltszwang herrscht, von dem oder der Praxisinhabenden selbst durchgeführt werden kann. Häufig erfolgen aber die Weichenstellungen bereits im Widerspruchsverfahren, zumal sozialgerichtliche Verfahren mehrere Jahre dauern - es ist daher sinnvoll, bereits im Widerspruchsverfahren auf eine:n Anwält:in zurückgreifen zu können.

Eventuell lohnt sich bei Heilmittelerbringenden der Abschluss einer Strafrechtsschutzversicherung, die bei Strafverfahren, die nicht auf Behandlungsfehler zurückgehen (etwa Abrechnungsbetrug, Unlautere Zuweisung) die Kosten der Rechtsverteidigung übernehmen. Die gesetzlichen Gebühren für Strafverteidiger:innen sind so gering, dass hier unbedingt darauf geachtet werden muss, dass die Rechtsschutzversicherung über die gesetzlichen Anwaltsgebühren hinaus auch den möglichen Stundensatz des oder der Rechtsanwält:in übernimmt. Andererseits sind Strafverfahren gegen Heilmittelerbringende vergleichsweise selten, so dass sich eine solche Strafrechtsschutzversicherung, vor allem bei großen oder schnell wachsenden Praxen lohnen kann.

Der Sonderfall: arbeitsgerichtliches Verfahren

Wenn Praxisinhabende einmal vor Gericht stehen, dann vor dem Arbeitsgericht. Im arbeitsgerichtlichen Verfahren gilt eine Besonderheit, denn hier zahlt grundsätzlich jede Partei ihre Kosten selbst, egal ob sie gewinnt oder verliert. D.h. selbst wenn man sich im Kleinbetrieb einer völlig sinnlosen Kündigungsschutzklage eines Mitarbeitenden ausgesetzt sieht und den Prozess gewinnt oder – wie meist im Arbeitsgerichtsverfahren – sich vergleicht, zahlt man die Kosten seines Anwaltes oder seiner immer selbst. Es empfiehlt sich daher für viele Praxisinhabende, eine Rechtsschutzversicherung für den arbeitsrechtlichen Bereich zu schließen. Zur Orientierung: Wenn ein Mitarbeiter zum Beispiel 3.500 € im Monat verdient, liegen die gesetzlichen Anwaltskosten vor dem Arbeitsgericht für jede Seite bei immerhin 3.000 €.

Darauf ist zu achten:

  • Wird der richtige Versicherungsnehmer geschützt?
    • Private Rechtsschutzversicherung nicht mit der Praxisrechtsschutzversicherung verwechseln!
    • Bei Praxisbetrieb als GbR oder GmbH müssen diese versichert sein
  • zumindest für das Sozialrecht sollte das sog. Vor- bzw. Widerspruchsverfahren ebenfalls mit abgesichert sein
  • ein rückwirkender Versicherungsschutz ist nur sehr eingeschränkt erhältlich

Rechtsanwalt Dr. Dr. Thomas Ruppel und sein Team beraten bundesweit Heilmittelerbringer in allen rechtlichen Fragen.

Telefon: 0451 / 29 366 500
kanzlei@gesundheitsrecht.de
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