Schritt für Schritt zur E-Verordnung
Mit dem Thema E-Rezept müssen sich Sanitätshäuser und Orthopädiewerkstätten in den letzten Wochen besonders intensiv beschäftigen. Der Grund: Ab 1.1.2024 sollen verschreibungspflichtige Arzneimittel nur noch elektronisch verordnet werden und manche Ärzt:innen wenden die neue Regelung schon jetzt auf alle Verordnungen an – auch für Hilfsmittel. Richtig ist aber: Hilfsmittel, Verbandmittel und enterale Ernährung müssen weiterhin auf Muster-16-Verordnungen in Papierform verschrieben werden. Erst ab 2027 wird das E-Rezept auch für diese Bereiche eingeführt. „Wir sind noch einige Schritte entfernt, aber perspektivisch wird der Prozess von der Verordnung bis zur Abrechnung komplett digitalisiert sein“, sagt Fabian Maier, Leiter Vertrieb und Marketing bei Optica.
Mehraufwand für die Betriebe
Das zwar wünschenswerte, aber noch ferne E-Rezept für Hilfsmittel bedeutet sowohl für Leistungserbringer:innen und Patient:innen als auch für die Ärzt:innen und ihre Angestellten einen unerwünschten Mehraufwand in der Vorweihnachtszeit. Die Krankenkassen haben bereits klargestellt, dass diese E-Rezepte nicht genehmigt werden. Entsprechend dürfen Abrechnungsdienstleister diese auch nicht einreichen. Hilfsmittelerbringer:innen sehen sich nun in der Pflicht, die betreffenden Arztpraxen über die korrekte Rezepterstellung zu informieren. Diese wiederum müssen erneut ein Rezept ausstellen: eine korrekte Muster-16-Verordnung in Papierform.
Der Verband Versorgungsqualität Homecare e.V. (VVHC) stellt seinen Mitgliedern sowie anderen Verbänden im Hilfsmittelbereich vorformulierte Schreiben zur Verfügung, mit der Leistungserbringer:innen die Ärzt:innen über die gültigen Regelungen in Kenntnis setzen können: „Wir haben dazu von der gematik Informationen bekommen, die wir noch einmal angepasst haben“, berichtet Dennis Giesfeldt, Leiter Projekt-/Versorgungsmanagement und Digitalisierung im VVHC. Dabei sei im Bundesmantelvertrag der Ärzt:innen beschrieben, dass die Ausgabe von E-Rezepten für Hilfs- und Verbandmittel sowie enterale Ernährung noch nicht gestattet ist. Auch die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) erläutere das Thema umfassend auf ihren Online-Kanälen. „In der Ausstellung der E-Rezepte im Hilfsmittelbereich zeigt sich eine Art voreiliger Gehorsam: Die Ärzt:innen sehen sich der Herausforderung gegenüber, ihre Praxis zeitnah auf das neue E-Rezept für Arzneimittel umzustellen und sie TI-ready zu machen“, erläutert Dennis Giesfeldt. Einige würden dann dazu neigen, gleich vollständig auf digitale Varianten umzusteigen.
Differenzierter Zeitplan der gematik
Einen Grund für die Verwirrung sieht Dennis Giesfeldt auch in der nicht ganz eindeutigen Kommunikation von Politik und Medien. Da werde propagiert, dass das E-Rezept komme, ohne für den differenzierten Zeitplan der gematik zu sensibilisieren: „Tatsächlich wünschen wir uns, früher auf das E-Rezept umstellen zu dürfen. Technisch wird das aber vor 2027 nicht zu schaffen sein, auch wenn sich Hilfsmittelerbringer:innen ab 2024 an die Telematikinfrastruktur anbinden lassen können“, erläutert er. Vor dem Hintergrund von Zwei-Komponenten-Verordnungen bestehend aus Hilfsmitteln und Arzneimitteln, etwa bei der parenteralen Ernährung, spiele auch die Angst hinein, dass Rezepte künftig vermehrt bei Apotheken eingereicht werden könnten, die E-Rezepte bereits jetzt annehmen dürfen. „Wir sind deswegen im ständigen Dialog mit allen Akteur:innen, um für diese Themen weiter zu sensibilisieren.“
Pilotprojekt zur reibungslosen Anbindung an die TI
Klar ist: Hilfsmittelerbringer:innen wollen die Vorteile der Digitalisierung besser früher als später nutzen. In diese Richtung zielt auch ein Pilotprojekt des Bundesinnungsverbands für Orthopädie-Technik (BIV-OT) über digitale Verordnungen von Hilfsmitteln. Dabei geht es um den größtmöglichen Mehrwert im Sinne von Entbürokratisierung und schlanken, digitalisierten Prozessen. Es soll der gematik frühzeitig praxisnahe Hinweise für eine reibungslose Anbindung von Hilfsmittelerbringer:innen an die TI geben. „Optica ist einer der Projektpartner“, sagt Fabian Maier. „Unser Vorteil ist, dass wir die unterschiedlichen Perspektiven sehr gut kennen – sowohl die der Hilfsmittelerbringer:innen als auch die der gematik.“ So kann das E-Rezept für Hilfsmittel und Verbandmittel in einigen Jahren tatsächlich unterm Weihnachtsbaum liegen.