„Spezialisierung ist Professionalisierung“

Der Physiotherapeut und Unternehmensberater Thomas Kämmerling über die Frage, wann eine Spezialisierung Sinn macht.

Thomas Kämmerling

Herr Kämmerling, wann würden Sie einem Unternehmen raten, sich zu spezialisieren? 

In der Betriebswirtschaftslehre heißt es, dass eine Spezialisierung dann sinnvoll ist, wenn es viele Anbieter am Markt mit einem starken Verdrängungswettbewerb gibt. Eine Spezialisierung kann da helfen, sich von der Masse abzuheben. Allerdings: In der Heilmittelbranche gibt es solche Märkte in Bezug auf Patient:innen nicht. Doch unter dem Aspekt der Mitarbeitergewinnung oder der Wirtschaftlichkeit meiner Praxis kann eine Spezialisierung durchaus interessant sein!

Was würden Sie Praxisinhaber:innen also raten?

Eine Spezialisierung macht vor allen dann Sinn, wenn man auch den Wunsch hat, etwas verändern zu wollen. Bei einer Spezialisierung sollte man immer prüfen: Welchen Nutzen haben ich und mein Unternehmen davon? Bekomme ich dadurch mehr Freiheiten für mich als Inhaber:in? Gewinne oder binde ich dadurch Mitarbeiter:innen? Habe ich so mehr finanzielle Mittel zur Verfügung? Beseitige ich hiermit generelle Engpässe meiner Branche, wie die Abhängigkeit von den Krankenkassen etc.?

Und nicht zu vergessen: Habe ich dadurch mehr Freude an meiner Arbeit?

Richtig, auch das ist ein wichtiger Aspekt! Die meisten Therapeut:innen erlernen den Beruf, weil sie Menschen helfen wollen. Wenn sie dann aber irgendwann merken, dass sie den ganzen Tag nur noch Rezepte abarbeiten und der Beruf keine Freude mehr macht – weil es an Strukturen fehlt, an guten Gehältern, an einer Altersvorsorge, an Mitarbeiter:innen – spielen viele Inhaber:innen mit dem Gedanken, hinzuschmeißen. Eine Spezialisierung kann jedoch wieder die Freude am Arbeiten zurückbringen.

Davon profitieren dann alle?

Genau! Für mich bedeutet Spezialisierung auch immer Professionalisierung. Und je professioneller meine Praxis aufgestellt ist – für welche Themenschwerpunkte auch immer –, umso wohler fühlen sich meine Mitarbeiter:innen, umso glücklicher und stressfreier bin ich als Inhaber:in und umso besser ist das Therapieerlebnis für die Patient:innen.

Also empfehlen Sie eine Spezialisierung?

Mit einem Wort: Ja. Zur Spezialisierung gehört für mich als Unternehmensberater allerdings vor allem die Professionalisierung des Unternehmens. Das ist für mich die Pflichtaufgabe der Praxisinhaber:innen, jede weitere Spezialisierung – also zum Beispiel auf ein Fachgebiet oder eine Zielgruppe – ist Kür.

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