Unter Vier Augen: „Beim großen Feldtest der eVerordnung soll alles funktionieren“

Das eRezept für Arzneimittel gibt es schon, voraussichtlich ab 2027 soll die eVerordnung für Hilfsmittel eingeführt werden. Thomas Münch und Dr. Jochen Pfänder im Gespräch über ein wegweisendes Pilotprojekt, das jüngst gestartet wurde.

Dr. Jochen Pfänder und Thomas Münch

Herr Münch, Herr Dr. Pfänder: Wie verbessert ein digitalisiertes Gesundheitssystem die Versorgung, und wie sieht Ihr Idealbild für das Jahr 2035 aus?

Thomas Münch: Viele bürokratische Schritte werden ohne Qualitätsverlust vereinheitlicht oder sind sogar entfallen, die Versorgung der Patient:innen läuft schneller und reibungsloser. Im Jahr 2035 hat sich die elektronische Patientenakte etabliert. Dadurch bekommen auch wir in der Versorgung einen guten Einblick, wie unsere Kolleg:innen in den Arzt- und Physiotherapiepraxen die Patient:innen behandelt haben, und können darauf aufsetzen.

Dr. Jochen Pfänder: Es wird einen papierlosen, digitalen Prozess von der Verordnung bis zur Abrechnung geben. Zentral ist die Branchensoftware, da über sie alle wichtigen Unterlagen und Bestätigungen digital erstellt und verwaltet werden. Das aktuell große Thema eRezept ist eigentlich vernachlässigbar. Mit der Papierverordnung können wir bereits heute digital umgehen, wenn uns die Krankenkassen das Image-Link-Verfahren einsetzen lassen. Diese Technik ist als Brückentechnologie zu sehen und wird den Übergang zur eVerordnung leicht machen.

Ein Baustein wird die eVerordnung für Hilfsmittel sein, die im Juli 2027 eingeführt werden soll. Herr Münch, Sie haben jüngst ein Pilotprojekt dazu gestartet. Was ist das Ziel?

Thomas Münch: Gemeinsam mit den Sanitätshäusern und Ärzten haben wir den Prozess definiert, den eine Verordnung durchlaufen muss. Diesen setzen die Anbieter für Branchensoftware um, von denen 80 Prozent am Projekt teilnehmen. Mit einem simulierten Praxissystem lösen wir Detailfragen, beispielsweise wie eine Rückfrage oder die Dauerverordnung funktionieren wird. Das sind Beispiele für die vielen Projektteile, mit denen wir sicherstellen wollen, dass alles funktioniert, wenn wir 2025 die 4.500 Betriebe, die wir vertreten, zu einem umfassenden Feldtest einladen.

Dr. Jochen Pfänder: Die eVerordnung für Hilfsmittel wurde bereits bei einem Pilotprojekt mit der KV Hessen, DAK, AOK, TK und der gematik für das Apothekenrezept besprochen und näher definiert. Diese Erfahrungen bringen wir als Partner nun in dieses Projekt ein und helfen bei einer pragmatischen Modellierung der Prozesse. Da wir mit der gematik und den Handwerksbetrieben gleichermaßen arbeiten, liegt unsere Stärke darin, die unterschiedlichen Denkweisen abzugleichen.

Welches sind die die größten Hindernisse auf dem Weg zur eVerordnung?

Thomas Münch: Zum einen ist das der elektronische Berufsausweis, bei dem die Prüfung der Angaben der Antragssteller durch die Handwerkskammern eine große Rolle spielt. Ich bezweifle, dass dies 2026 überall reibungslos funktionieren wird, aber zu Beginn gibt es immer einen gewissen Reibungsverlust mit dem man leben muss. Zum anderen bereiten wir uns mit unserem Pilotprojekt sehr gut vor, doch nun hat die Bundesregierung das Startdatum der eVerordnung auf 2027 verschoben. Das ist absolut kontraproduktiv.

Dr. Jochen Pfänder: Natürlich spielt das Thema Planungssicherheit eine wichtige Rolle, wenn wir über eine erfolgreiche Digitalisierung des Gesundheitssystems sprechen. Leistungserbringer:innen müssen ihre Betriebe softwareseitig entsprechend vorbereiten können. Ein verlässlicher Zeitplan ist hier ein wichtiger Faktor, denn jede Systemumstellung benötigt Zeit. Mit dem Pilotprojekt leisten wir hierfür wichtige Basisarbeit.
 

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