Betriebsübergang: gut planen und rechtzeitig starten

Mit zunehmendem Alter stehen Chef:innen vieler Sanitätshäuser und Orthopädietechnikbetriebe vor der Frage, wie es mit ihrem Betrieb weitergeht. Dabei gibt es vieles zu beachten. Besonders wichtig ist, sich früh mit der Nachfolge zu befassen. Zwei Beispiele, die gut funktioniert haben.

Ältere Frau und Junger Mann diskutieren am Laptop

Wichtig ist es, einen guten Plan zu haben“, sagt Alexander Tretin, der bereits vor fünfzehn Jahren ins elterliche Sanitätshaus im hessischen Dietzenbach eingestiegen ist. Das Fachzentrum für Orthopädie Technik Tretin besteht seit 1985 und ist mittlerweile an vier Standorten in der Region im Südosten von Frankfurt am Main tätig. Es ist ein echter Familienbetrieb: Vater, Mutter und Schwester arbeiten mit. Tretin selbst ist Prokurist und im Betrieb der Mann fürs Digitale. „Bei vier Standorten und einer stattlichen Anzahl Mitarbeiter:innen sind digitale Tools für uns sehr wichtig“, sagt er. „Wir setzen Digitalisierung in jedem Bereich des Unternehmens ein: im Einkauf, im Verkauf, im Marketing und auch im Personalwesen.“

Es muss nicht gleich ein banktauglicher Businessplan sein

Wenn Tretin von einem guten Plan spricht, meint er damit nicht einen für das Bankgespräch präsentationsreifen Businessplan. Jedenfalls nicht in erster Linie. Für ihn beginnt die Sondierungsphase weit vor Gründung oder Übernahme und findet erst einmal auf einer eher persönlichen Ebene statt: „Zunächst müssen sich Gründer:innen hinsichtlich der Voraussetzungen selbst prüfen. Neben den erwähnten konzeptionellen Fragen zählen dazu auch die viele Zeit, die das Vorhaben kosten wird, und natürlich das Geld, das investiert werden muss.“

Auch Expertinnen und Experten bei den Handwerkskammern plädieren durchweg für eine frühzeitige, gute Vorbereitung. Schon mehrere Monate, bevor der Kauf oder die Übernahme mit Unterschriften besiegelt wird, und noch vor den ersten echten Verhandlungsgesprächen, solle man sich einen Überblick verschaffen. Dabei geht es zunächst einmal weniger um Details, sondern darum, welche Themen überhaupt wichtig werden. Denn die Erfahrung zeigt, dass neben so wichtigen Fragen wie der nach dem Unternehmenswert, viel mehr rechtliche Themen bedacht werden müssen als erwartet. Kauf, Pacht oder Beteiligungen wollen vertraglich ebenso abgesichert werden wie Mietverhältnisse, Arbeitsverträge oder Lizenzen. Davon sollten sich Gründer:innen nicht kurz vor dem Abschluss der Übernahme oder Gründung überraschen lassen.

“Zunächst müssen sich Gründer:innen hinsichtlich der Voraussetzungen selbst prüfen. Werden sie genug Zeit und Geld für die Gründung haben?”

Alexander Tretin, Prokurist beim Fachzentrum für Orthopädie Technik Tretin, Dietzenbach

Bis 2025: Ein Fünftel der Handwerksbetriebe plant den Übergang

Sie sind ohnehin eine seltene und umso begehrtere Zielgruppe. Die demografische Entwicklung in Deutschland, die zu einem vielfach beklagten Fachkräftemangel führt, macht auch vor Chef:innen von Handwerksbetrieben nicht halt. Aktuell ist bereits beinahe jeder Vierte von ihnen der der über 60-jährigen Altersgruppe zuzurechnen. Knapp 21 Prozent aller Handwerksunternehmer:innen planen die Übergabe ihres Betriebs oder ihres Unternehmens bis 2025 – es sind wohl etwa 125.000. Das schätzt der Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH) und stützt sich dabei auf eine gemeinsam mit 47 Handwerkskammern beauftragte Studie des Volkswirtschaftlichen Instituts für Mittelstand und Handwerk an der Universität Göttingen.

“Gegründet hat den Betrieb mein Ururgroßvater 1888, mit mir ist nun die fünfte Generation in unserem Geschäft an der Reihe.”

Eva Plönnes, Orthopädie-Schuhmacher-Meisterin und Inhaberin von Orthopädie-Schuhtechnik Plönnes, Düren

Drei Möglichkeiten stehen den Betrieben offen, ihre Existenz zu sichern: die Übernahme innerhalb der Familie, innerhalb des Betriebs oder durch eine externe Person. Viele haben sich bereits mit der Frage auseinandergesetzt, wie die Nachfolge aussehen soll, und die meisten setzen auf die Familie oder eine Übernahme im Team. Wie bei den Tretins in Dietzenbach fand sich auch die Nachfolge bei Orthopädie-Schuhtechnik Plönnes in Düren innerhalb der Familie. „Gegründet hat den Betrieb mein Ururgroßvater 1888, mit mir ist nun die fünfte Generation in unserem Geschäft an der Reihe“, sagt die 28-jährige Orthopädieschuhmachermeisterin Eva Plönnes, die den Betrieb seit Januar dieses Jahres führt. Wie ihre Geschwister habe sie sich nicht für den Beruf interessiert, sagt die Handwerksmeisterin. Dann hat sie aber doch die Ausbildung gemacht und nebenbei noch Technische Orthopädie an der FH Münster studiert.

Präqualifizierung und eigene Vorstellungen kosten Zeit und Geld

Ende vergangenen Jahres war es dann so weit, ihr Vater wollte Platz machen, und damit begann für sie eine anstrengende Zeit. Der Betrieb war als Einzelunternehmen geführt worden und musste daher beim Übergang abgemeldet und wieder neu angemeldet werden. Rechtlich gesehen eine Neugründung, mussten für die Präqualifizierung sämtliche dafür vorgesehenen Prüfungen absolviert werden. Umbauten und Modernisierungen waren nötig, aber nicht nur, weil die prüfenden Stellen es so wollten. Eva Plönnes wollte auch ihre eigenen Vorstellungen umsetzen, und auch das kostete Zeit und Geld. Eine weitere wichtige Frage musste und konnte ebenfalls geklärt werden: das Erbe. Eva Plönnes kaufte dem Vater den Betrieb ab, um auch im Hinblick auf ihre Geschwister eine saubere Lösung zu finden.

Die beiden Beispiele zeigen, wie unterschiedlich die Lösungen für einen Betriebsübergang sein können, selbst wenn er innerhalb der Familie stattfindet. Die Handwerkskammern und andere beratende Stellen werden deshalb auch nicht müde, zu empfehlen, sich frühzeitig mit der Nachfolge zu befassen. Dass laut ZDH nur in jedem fünften Betrieb, der innerhalb der nächsten Jahre übergeben werden soll, der Unternehmenswert bekannt ist, zeigt, wie recht sie damit haben. Schließlich geht es nicht nur darum, sein Lebensprojekt in guten Händen zu wissen, sondern es als Altersvorsorge zu verstehen und auch zu nutzen.


Die Präqualifizierung 

Wer Leistungen im Hilfsmittelbereich erbringt, muss dazu fachlich befähigt sein sowie persönliche und technische Anforderungen erfüllen. Früher wurde dies im Rahmen der kassenärztlichen Zulassung geprüft, jetzt durch die Präqualifizierung. Eine dafür akkreditiere Präqualifizierungsstelle stellt dem Betrieb bei Erfolg ein Zertifikat aus, das für den Abschluss von Verträgen zwischen Hilfsmittelanbietern und Krankenkassen nötig ist. So soll die optimale Qualität der Versorgung der Versicherten gewährleistet werden.

Weitere Informationen finden Sie in unserer Rubrik "Präqualifizierung" 

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