Chance Gruppentherapie? Ein Angebot für viele

Gruppentherapien können sich lohnen – für Praxisinhaber:innen wie für Patient:innen.

Physiotherapeutin erklärt zwei Patienten eine Übung

Patient:in und Therapeut:in – so kennt man den Alltag in therapeutischen Praxen. Doch es gibt auch ein anderes Szenario. Robert Baumgart, Logopäde und Arbeitspsychologe, begleitet es schon seit einigen Jahren: die Gruppentherapie mit Patient:innen, die ähnliche Krankheitssymptome haben. Baumgart leitet das Personalwesen von Theralingua, einem Praxisverbund in Hamburg, Norderstedt und Bremen. An acht Standorten bieten 32 Therapeut:innen logopädische und ergotherapeutische Behandlungen an. Logopäd:innen vereinbaren 45-minütige Sitzungen mit zwei bis fünf Patient:innen gleichzeitig, Ergotherapeut:innen mit zwei bis sechs Patient:innen.

Aus der Sicht von Robert Baumgart lohnt sich die Gruppentherapie für alle Beteiligten. „Wir haben uns gefragt, wie wir unserem Versorgungsauftrag am besten nachkommen können“, sagt er. „In den Heilmittelrichtlinien ist die Gruppentherapie klar verankert.“ So könnten zum Beispiel Menschen mit der Sprachstörung Aphasie zusammenkommen. „Typisch ist, dass Aphasie mit Sprechangst verbunden ist – und mit einem hohem Leidensdruck“, sagt er. „Die Gruppenteilnehmenden erkennen: ‚Ach, es geht nicht nur mir so.‘“ Und wenn sich die Patient:innen während der gemeinsamen Therapie austauschen, wie sie den Alltag bewältigen, kann die Logopädin Sprechübungen zu diesem Thema einbauen und einen therapeutischen Effekt erzielen. Bei Theralingua kommen in der Regel Menschen derselben Altersgruppe zusammen. Sie verpflichten sich, die persönlichen Informationen, die während der Sitzung zur Sprache kommen, für sich zu behalten. Eine Gruppe kann zum Beispiel aus 13- bis 16-Jährigen bestehen, die sich in derselben Phase der Sprachentwicklung befinden und stottern.

Die Gruppentherapie wird – ebenso wie die Einzelsitzung – vom Arzt verschrieben. Die Krankenkassen zahlen für eine Person, die an einer Gruppentherapie teilnimmt, weniger als für eine Einzeltherapie. Dadurch, dass mehr Menschen gleichzeitig behandelt werden können, lohne es sich für Theralingua trotzdem, sagt Robert Baumgart. Derzeit sind ungefähr ein Zehntel der Behandlungen, die das Unternehmen anbietet, Gruppentherapien. Die Zahl soll auf 20 bis 30 Prozent steigen. Auch allgemein ist anzunehmen, dass sich Gruppentherapien angesichts des Fachkräftemangels noch stärker durchsetzen werden.

Und was ist mit zurückhaltenden Patient:innen, die in einer Gruppe kaum etwas sagen? „Ich würde bestreiten, dass sie weniger von der Gruppentherapie profitieren als extrovertierte Menschen“, sagt Robert Baumgart und gibt ein Beispiel: Ein Kind, das lispelt, könne in der Gruppe miterleben, wie gut andere Teilnehmende Laute bilden, und es dann nachmachen. „Erst einmal reicht es völlig aus, wenn es zu Hause übt“, sagt Baumgart. Natürlich könne die Logopädin, die die Gruppe moderiert, Aufgaben so verteilen, dass der Reihe nach alle etwas sagen. Bei einem gemeinsamen Sprechspiel könne ein:e Patient:in aufpassen, dass die Person, die gerade dran ist, die Regeln einhält. Noch ein:e Patien:tin könne die Punkte zusammenzählen und sie nennen. „Und der oder die vierte Patient:in könnte verkünden, wer das Spiel gewonnen hat“, schlägt Robert Baumgart vor.

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