Schaufenster gematik: Kartenterminals als TI-Türöffner

Sie sind entscheidend für die Vernetzung über die Telematikinfrastruktur (TI): eHealth-Kartenterminals, wie sie die Worldline Healthcare GmbH herstellt. Geschäftsführer Oliver Neufuß spricht im Interview über die Services der Geräte, Datensicherheit und Weiterentwicklungen.

Oliver Neufuss, Worldline

Herr Neufuß, wozu brauchen Praxen, Krankenhäuser oder Pflegeheime ein eHealth-Kartenterminal? 

Das Kartenterminal ist Teil einer ganzheitlichen Lösung, die unter dem Begriff Telematikinfrastruktur (TI) bekannt und vom Gesetzgeber geregelt ist. Aufgebaut, gepflegt und weiterentwickelt wird sie von der gematik in enger Zusammenarbeit mit der Industrie. Ziel ist es, alle Leistungserbringer:innen zum Wohl der Patient:innen digital miteinander zu verzahnen. Das Kartenterminal ist hier als Schnittstelle zwischen dem Versicherten und dem jeweiligen Leistungserbringer zu verstehen. Indem die Versicherten ihre Gesundheitskarte (eGK) in das eHealth-Kartenterminal stecken, erfolgt automatisch ein Online-Abgleich der Stammdaten mit der entsprechenden Krankenkasse. Therapeut:innen wissen dann, dass es sich um eine gültige Karte handelt und die zu erbringende Leistung abgerechnet werden kann. Dieser Prozess dauert nur wenige Sekunden und verschafft dem Leistungserbringenden eine entsprechende Absicherung.

Für welche anderen Anwendungen ist das Kartenterminal nötig oder wird es in Zukunft nötig werden?

Neben dem eben beschriebenen Versichertenstammdatenmanagement und der damit verbundenen fehlerfreien Übernahme der Patientendaten in das Praxissystem, kann Stand heute die „Kommunikation im Medizinwesen“, kurz KIM, durch die Leistungserbringer genutzt werden. KIM ermöglicht den intersektoralen elektronischen Austausch von Behandlungsinformationen zwischen allen an die TI angeschlossenen Leistungserbringern. Als weiterer Schritt der Digitalisierung erfolgt derzeit die Umstellung auf die elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (eAU). Ab voraussichtlich September 2022 soll das elektronische Rezept (eRezept) flächendeckend ausgerollt werden. Bei diesen neuen Anwendungen ist zum Teil neben dem Stecken der Karte auch die Eingabe der dazugehörigen PIN der Patient:innen – zur Autorisierung – erforderlich. Dies gilt auch für den Notfalldatensatz, welcher auf Wunsch des Versicherten auf seiner eGK gespeichert werden kann. Um dann im Notfall dem Erstbehandelnden lebenswichtige Informationen zu geben. Wie wichtig eine solche Anwendung ist, zeigt die aktuelle Informationskampagne der gematik in Zusammenarbeit mit der Bundesärztekammer (BÄK), der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG) sowie weiteren Partnern.

Das Kartenterminal spielt demnach eine zentrale Rolle im Gesundheitswesen. Sind Sie sich als Hersteller dieser Verantwortung bewusst?

Ja, dieser Verantwortung sind wir uns bewusst. Es bestehen insbesondere hinsichtlich der Datensicherheit sowie der Interoperabilität mit allen weiteren Komponenten in der TI sehr hohe Anforderungen, welche einerseits durch das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI), andererseits durch die gematik definiert und regelmäßig aktualisiert werden. Konkret heißt dies in puncto Sicherheit nicht nur ein höchstes Maß an Schutz des Kartenterminals vor möglichen Manipulationen, sondern umfasst zusätzlich auch die gesamte Wertschöpfungs- und Lieferkette. Dies beginnt bei der regelmäßigen Zertifizierung unserer Entwicklung und der Produktionsstätten, welche sich übrigens für unsere Kartenterminals ausschließlich in Deutschland befinden. Hinzukommt der Versand der Geräte über eine sogenannte sichere Lieferkette, welche gewährleisten muss, dass das Terminal von der Produktion bis zum Einsatz beim Leistungserbringer vor Manipulationen geschützt ist. Ferner müssen wir umfangreiche Nachweise über die Interoperabilität innerhalb der TI erbringen.

Es bestehen insbesondere hinsichtlich der Datensicherheit sowie der Interoperabilität mit allen weiteren Komponenten in der TI sehr hohe Anforderungen, welche einerseits durch das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI), andererseits durch die gematik definiert und regelmäßig aktualisiert werden.

Oliver Neufuß

Was ist mit Interoperabilität gemeint?

Interoperabilität heißt in unserem Fall konkret, dass das Kartenterminal die Fähigkeit besitzt, mit allen zugelassenen Systemen und Komponenten funktional zusammenzuarbeiten. Um dies sicherzustellen, führen wir bereits entwicklungsbegleitend regelmäßig umfassende Tests durch. Auch die gematik, in deren Hoheit dieser Aspekt liegt, verfügt für solche Zwecke über ein eigenes Labor. Die gematik testet das reibungslose Zusammenspiel aller zugelassenen Komponenten für die TI. Erst, wenn alle sicherheitstechnischen Anforderungen erfüllt und alle Tests erfolgreich absolviert wurden, erhalten wir die Zulassung der gematik für ein Kartenterminal. Gleiches gilt auch für die von uns zur Verfügung gestellten Software-Updates für bestehende Geräte.

Sie entwickeln die Geräte ständig weiter. Wie entscheiden Sie über weitere Funktionen?

Zum einen beeinflussen uns natürlich die Weiterentwicklungen der Telematikinfrastruktur und die damit verbundenen zukünftigen Anwendungen. Wir beobachten aktuell sehr genau, welche neuen Anforderungen sich aus dem Konzeptpapier TI 2.0 der gematik für unsere Produkte und Services ergeben. Zum anderen achten wir natürlich auch darauf, welche Anforderungen sich aus einem veränderten Verhalten der Anwender oder auch durch die zukünftige Erweiterung der TI um weitere Gesundheitsberufe ergeben. Ein Beispiel dafür ist die NFC-Technologie, deren Verwendung in den letzten zwei Jahren einen massiven Zuspruch beim Bezahlen mit Giro- oder Kreditkarten erfahren hat. Aus diesem Grund werden neue Gesundheitskarten nur noch mit NFC-Funktionalität herausgegeben. Dies wurde auch vom Gesetzgeber so geregelt. Aktuell gibt es hierfür aber nur einen konkreten Anwendungsfall, die elektronische Patientenakte (ePA).

Was bringt die Zukunft?

Es wird sicherlich weitere Einsatzmöglichkeiten geben, zum Beispiel den Nachweis einer virtuellen Identität über ein Smart Device. Auch wir orientieren uns schon jetzt am Markt der Zukunft und haben erste Apps wie die ORGA Service App zur Unterstützung der Services des Kartenterminals entwickelt und erfolgreich released. Weitere Schritte in diesem Bereich der Entwicklung werden folgen. Allerdings bedürfen solche Veränderungen und Anpassungen einer sorgfältigen Planung, um den weiterhin hohen Anforderungen an Sicherheit und Interoperabilität gerecht zu werden. Zusätzlich bedarf es klarer und langfristig gültiger Vorgaben durch die gematik, damit auch zukünftig ein optimales Zusammenspiel aller Komponenten der TI gewährleistet ist.

Müssen Kartenterminals von den Praxen regelmäßig erneuert werden?

Um die im Markt befindlichen Kartenterminals zukunftssicher zu halten, entwickeln wir als Hersteller regelmäßig Software-Updates. Diese können – nach erfolgter gematik-Zulassung – über verschiedene Wege kostenfrei in das Gerät eingebracht werden. Solange eine Zulassung nicht widerrufen wird, können Kartenterminals problemlos in der TI betrieben werden. Erst im Falle von geänderten Anforderungen an die Hardware, müssten die Geräte tatsächlich ausgetauscht werden. Für die Erstausstattung erfolgt übrigens eine Kostenerstattung durch den GKV-Spitzenverband, welche in der Finanzierungsvereinbarung von Anfang Februar 2022 geregelt ist.

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