"Was nicht zu den Kernaufgaben im Orthopädietechnik-Handwerk zählt, bietet sich am besten für die Auslagerung an."

Als Hilfsmittelerbringer:in selbst abrechnen oder lieber nicht? Im Interview mit der Orthopädie Technik sprechen Dr. Jochen Pfänder, Geschäftsführer, und Fabian Maier, Leitung Vertrieb und Marketing bei Optica genau darüber.

Fabian Maier und Dr. Jochen Pfänder

Erschienen in der ORTHOPÄDIE TECHNIK 01/2023 

Der Bürokratieaufwand zwingt die Orthopädietechniker:innen immer häufiger hinter den Schreibtisch statt zur Werkbank. Hier stapeln sich die Rezepte – und die Abrechnung von Hilfsmittelverordnungen frisst nicht selten Zeit und Nerven. Während einige Betriebe dafür Schritte auslagern und auf Dienstleister zurückgreifen, behalten andere den Prozess lieber selbst in der Hand und rechnen ohne Unterstützung ab. Wohin der Trend geht, erläutern Dr. Jochen Pfänder, Geschäftsführer, und Fabian Maier, Leitung Vertrieb und Marketing bei Optica im Gespräch mit der Orthopädie Technik.

Welche Aufgaben kann ein Abrechnungsdienstleister für einen OT-Betrieb übernehmen?

Jochen Pfänder: Tatsächlich nimmt der Anteil der verwaltenden und nicht-handwerklichen Aufgaben im Arbeitsalltag von Orthopädietechniker:innen stetig zu. Das liegt zu einem großen Teil am wachsenden Aufwand für die Rezeptabrechnung. Ein guter Abrechnungsdienstleister entlastet den Betrieb effizient und ermöglicht ihm, sich wieder voll auf das Kerngeschäft zu konzentrieren.

Fabian Maier: Bei Optica bieten wir Kunden maßgeschneiderte Pakete an, die den kompletten Prozess für die Abrechnung nach den Paragraphen 300 und 302 Sozialgesetzbuch V abdecken. Dazu zählen die Rezeptbedruckung und ‑sortierung sowie die Rechnungsstellung an die Kostenträger inklusive Mahnwesen. Mit standardmäßig integrierten Prüfstufen zu Vertragspreisen und Plausibilität stellen wir sicher, dass eine hohe Abrechnungsqualität und damit eine geringe Absetzungsquote jederzeit gewährleistet sind. Zusatzleistungen wie Zuzahlungsinkasso und Vorauszahlung vervollständigen das Angebot und werden gerne in Anspruch genommen.

Selbstabrechner oder Dienstleister: Wohin geht der Trend?

Pfänder: Wir beobachten eine klare Entwicklung hin zur Zusammenarbeit mit einem Abrechnungsdienstleister. Viele Gespräche mit Kunden und Nicht-Kunden und natürlich auch das kontinuierlich steigende Abrechnungsvolumen bei Optica bestätigen diesen Trend. Das hat verschiedene Gründe. Erstens stellen die Kostenträger immer höhere Anforderungen an die korrekte Abrechnung: Das beginnt bei der Datenlieferung und endet bei fest definierten Einreichungsintervallen. Wer sich nicht intensiv mit der Thematik beschäftigt, riskiert leicht Fehler und in der Folge Absetzungen. Zweitens sieht sich die Orthopädie-Technik wie viele andere Branchen einem eklatanten Fachkräftemangel ausgesetzt. Die große Nachfrage nach qualifizierten Mitarbeiter:innen kann derzeit nicht bedient werden. Entsprechend muss die Arbeit auf den Schultern des bestehenden Teams verteilt werden. Was nicht zu den Kernaufgaben im Orthopädietechnik-Handwerk zählt, bietet sich am besten für die Auslagerung an. Und schließlich spielen auch die steigenden Kosten für Miete, Strom, Heizung und technische Ausstattung eine immer größere Rolle. In den meisten Fällen stellt sich heraus, dass die Inanspruchnahme eines Abrechnungsdienstleisters aus unternehmerischer Sicht sinnvoll ist, weil Ressourcen eingespart und Absetzungen vermieden werden können.

Aus welchen Gründen entscheiden sich OT-Betriebe für welche Lösung? Wo liegen die Vor- und Nachteile?

Maier: Wenn ein OT-Betrieb die direkte Kommunikation mit den Kostenträgern schätzt, kann dies ein Grund für die Selbstabrechnung sein. Aus unserer Erfahrung sind die meisten Orthopädietechniker:innen jedoch ganz froh, wenn ihnen diese Aufgabe durch den Abrechnungsdienstleister abgenommen wird. Abgesehen davon überwiegen die Argumente für die Auslagerung deutlich. Die Abrechnungsqualität steigt, die Absetzungsquote sinkt. Durch die schnellen und flexiblen Auszahlungsmodelle, die Optica anbietet, kann der OT-Betrieb seine Liquidität optimieren. Außerdem schont er seine Ressourcen, insbesondere was das Personal angeht. Damit zahlt sich die Investition in die Abrechnungsdienstleistung postwendend aus, denn die Mitarbeiter:innen können sich in der gewonnenen Zeit wieder ihren Kernaufgaben widmen. Als Nachteil könnte man noch anführen, dass der Rückversand von Absetzungen, wenn es denn welche gibt, verzögert ist. Aber insgesamt betrachtet sprechen die Argumente aus meiner Sicht klar für den Dienstleister.

Ist die Abrechnungssoftware mit bereits im Betrieb etablierter Software kompatibel bzw. lässt sich eine individuelle Anbindung an bestehende Systeme ermöglichen? Wo gibt es Schnittstellen?

Maier: Leider sind Systembrüche bei der Softwarenutzung die Regel. Das liegt nicht zuletzt daran, dass die Anforderungen im Geschäftsprozess je nach OT-Betrieb sehr individuell sind. Unsere Software Optica Omnia versucht dieser Tatsache gerecht zu werden, indem alle Arbeitsprozesse ganzheitlich abgebildet werden und dabei maßgeschneiderte Funktionen zum Einsatz kommen, je nach Bedarf der Nutzer:innen. Abrechnungsschnittstellen zu unterschiedlichen Softwarelösungen und Dienstleistern sind dabei vorhanden, beispielsweise mit Kumavision und Acriba.

Mit Blick auf die Anbindung der Hilfsmittelbranche an die Telematikinfrastruktur (TI) im Rahmen von E‑Rezept und Co.: Was bedeutet das künftig für den Abrechnungsprozess?

Pfänder: Die Digitalisierung der Hilfsmittelbranche, mit Telematikinfrastruktur, E‑Rezept und allen anderen Neuerungen, die damit einhergehen, bietet allen Akteuren große Chancen. Optica hat sich schon früh mit der TI auseinandergesetzt und war unter anderem an der Entwicklung eines der ersten E‑Rezepte für Deutschland beteiligt. Mit der Gematik stehen wir weiterhin in engem Austausch. Grundsätzlich bringt die TI eine bessere Vernetzung aller Akteure mit sich, insbesondere durch den unkomplizierten und sicheren Austausch über den Fachdienst Kommunikation im Gesundheitswesen. Hilfsmittelerbringer werden durch die Nutzung der TI profitieren, weil sie flexibler auf Herausforderungen für ihre Betriebe reagieren können. Die durch die TI geschaffenen Standardisierungen und Automatisierungen machen Prozesse effizienter und helfen, Missverständnisse zu vermeiden. Das wird auf lange Sicht auch dazu beitragen, die Zahl unnötiger Absetzungen zu verringern. Wir sehen den Prozess insgesamt sehr positiv. Die TI in Deutschland bietet die Chance, bei der Digitalisierung des Gesundheitssystems im internationalen Vergleich endlich aufzuholen.

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