"Klienten, die das Geh-Erlebnis nicht kennen bekommen es passiv auf dem Pferd zugeführt."
Wie ist Ihre Praxis aufgestellt?
Wir sind eine gut aufgestellte Praxis im Familienbetrieb. 2011 habe ich die Praxis mit meinem Bruder zusammen gegründet und wir haben ein großes Leistungsspektrum. Das heißt, wir können von Säuglingen und Kleinkindern, bis zum Senioren alle Patienten hier in der Praxis behandeln.
Warum haben Sie sich für die Reittherapie entschieden?
Zum einen kann ich mein Hobby zum Beruf machen. Ich bin schon immer ein Stall-Mädchen gewesen, mich haben Tiere schon immer begeistert. Auch die Wirkungsweise, die Tiere auf uns haben. Das Besondere ist, dass man ein ganz anderes Umfeld hat. Wir sind draußen in der Natur und ich bin eher der Co-Therapeut, während das Pferd der eigentliche Therapeut ist.
Was macht die Bobath-Therapie für Sie so besonders?
Ich bin Bobath-Therapeutin für Kinder und Erwachsene. Das ist eine recht große und leider sehr teure Fortbildung, wodurch sehr wenige Physiotherapeuten diese Fortbildung überhaupt in Angriff nehmen. Man darf mit Kleinkindern und Säuglingen arbeiten und manche Säuglinge kommen direkt nach Geburt in Behandlung, beispielsweise wenn sie ein traumatisches Erlebnis während der Geburt hatten oder schon eine angeborene Behinderung bekannt ist.
Lassen sich Bobath-Therapie und Reittherapie vereinen?
Beide Therapieformen lassen sich sehr gut vereinen. Mit dem Bobath Konzept behandelt man Entwicklungsauffälligkeiten bei Kindern und im Erwachsenenbereich Menschen, mit neurologischen Erkrankungen. In der Reittherapie sieht das ganz ähnlich aus. Und dadurch, dass man das Wissen aus der Bobath-Therapie hat, kann man das ganz toll auch aufs Pferd übertragen. In der Bobath-Therapie arbeitet man zudem alltagsrelevant. Das heißt, man versucht die Erwachsenen, sofern es geht, so schnell wie möglich wieder im Alltag oder ins Berufsleben zu integrieren. Und bei Kindern und Säuglingen versucht man normale Bewegungsmuster anzubahnen. Genau dieses Konzept kann ich auch auf dem Pferd umsetzen. Das Pferd gibt Bewegungsimpulse an den Klienten, welche beispielsweise unserem normalen Gehen entsprechen. Das Pferd überträgt in der Gangart Schritt Vorwärts- und Abwärtsbewegungen, sowie eine Rotation, also eine Drehbewegung. Und das sind genau die Beckenbewegungen, die ich als Mensch habe, wenn ich normal gehe. Klienten, die dieses Geh-Erlebnis nicht kennen, bekommen es so passiv auf dem Pferd zugeführt.
Wie ist die Zusammenarbeit mit Kindern?
Die Zusammenarbeit Kindern ist total anders wie mit Erwachsenen. Zum einen kann man sich nicht direkt darauf vorbereiten. Klar, man macht seinen Befund immer bei der Erstaufnahme und setzt dann zusammen mit den Eltern ein Ziel fest. Aber jede Therapie-Einheit ist anders. Das Kind ist immer anders drauf und die Kooperation ist manchmal nicht so gut. Manche Kinder haben auch Angst und sind schon übertherapiert durch viele Ärzte, Kliniken und andere Therapeuten. Da muss man sehr sensibel an die Sache rangehen. Das Wichtigste ist, dass man sehr kreativ arbeitet, mit den Kindern offen und ruhig ist und immer die Eltern mit einbezieht. Das ist wichtig, denn die Eltern sollen die Übungen möglichst mit den Kindern zu Hause wiederholen. Man schafft quasi eine Kooperation zwischen Kind, Eltern und sich als Therapeut.
Wie stehen Sie zur Digitalisierung?
Ich denke, wir sind da auf einem ganz guten Weg. Wir wollen das noch mehr in die Praxis integrieren, Therapeuten mit Tablets ausstatten, weil es sich einfach zukunftsmäßig etablieren wird, direkt mit dem Tablet am Patienten zu arbeiten. Die andere Sache ist aber, dass man sich auch immer mehr fortbilden muss. Wir haben einfach einen praktischen Beruf ausgeübt und das darf man nicht vergessen. Unsere Hände sind unser Kapital. Und ich finde, dass wir als Therapeuten weiterhin direkt an unserem Patienten arbeiten müssen. Nicht über Anleitungen im Internet, sondern direkt am Patienten. Denn wir sind der direkte Ansprechpartner und können vor allem mit unseren Händen helfen.
Sehen Sie in der Digitalisierung auch Chancen?
Ich denke nicht, dass die Digitalisierung Grundlegendes, wie beispielsweise die Kooperation zwischen Arzt und Therapeut verändern wird. Dafür muss bereits die Basis stimmen und das Grundverständnis muss da sein. Ich finde, dass weiterhin leider viel zu wenig Wissen draußen herrscht, was wir als Therapeuten überhaupt kennen oder können. Wir üben einen Beruf aus, der die meisten Fortbildungen abverlangt. Ich kenne keine andere Berufsgruppe, die sich so viel fortbildet und dafür so viel Geld ausgibt. Und ich denke, dass viele einfach immer noch nicht wissen, was Physiotherapie alles beinhaltet und was für Fachkenntnisse wir haben.
"Ich denke nicht, dass die Digitalisierung Grundlegendes, wie beispielsweise die Kooperation zwischen Arzt und Therapeut verändern wird."
Nathalie Dieterich
Nutzen Sie für Ihre Praxis Social-Media-Kanäle?
Wir haben Auftritte in den normalen Sozialen Medien, also Instagram und Facebook. Außerdem haben wir eine Homepage, die gut aufgebaut ist, sodass sich Patienten viele Informationen herunterladen können. Und so präsentieren wir uns auch nach außen, als moderne Praxis, die mit der Digitalisierung geht.
Kriegen Sie den Fachkräftemangel zu spüren?
Den Fachkräftemangel bekommen wir auf jeden Fall zu spüren. Wir sind hier recht ländlich. Wir sind also nicht so attraktiv wie eine Praxis in Stuttgart Mitte. Hinzu kommt, dass Einsteiger mittlerweile andere Ansprüche haben. Wir bekommen unsere Therapeuten eigentlich nur noch über „Man Kennt jemanden, der jemanden kennt, der jemanden kennt“, also über den Bekanntenkreis oder sogar über Patienten.
Was kann man dagegen tun?
Das Hauptproblem ist, dass viele junge Leute den Beruf total interessant finden, doch die Ausbildung zu viel Geld kostet. Das Gehalt ist natürlich auch ein Problem. Viele sagen, dass sie mit dem Gehalt nicht zurechtkämen. Die jungen Leute haben heute andere Ansprüche. Die Lebenshaltungskosten sind viel, viel höher. Außerdem muss man auch ein Auto finanzieren. Und wenn sie dann die Gehälter von einem Physiotherapeuten sehen, dann wirkt das recht abschreckend, um die Ausbildung überhaupt zu beginnen.
Sollte die Physiotherapie ein Studium sein?
Wir haben hier auch eine Kollegin, die Physiotherapie studiert hat. Es ist ganz interessant zu sehen, dass Bewerber mit einem Studium oftmals das Einstiegsgehalt höher setzen, obwohl sie noch keine einzige Fortbildung absolviert haben. Und wie ich schon gesagt habe, ist es ein Beruf, der praktisch ausgerichtet ist und man wird immer besser, je mehr Patienten man behandelt hat. Und ich sehe keinen Unterschied zwischen einem Therapeuten, der studiert hat und einem, der ausgebildet ist. Die Basis ist trotzdem die Gleiche.
Was denken Sie über die neue Heilmittelrichtlinie?
Es gibt natürlich einige Themen, die bürokratisch vieles erleichtern können, z.B. die 28-Tage-Frist. Deshalb waren wir offen, weil wir davon ausgegangen sind, dass sie ab dem 1.10. kommt. Wir waren gut darauf vorbereitet, haben alle Kollegen darüber informiert, wie die neuen Rezepte aussehen und was sich geändert hat. Und dann wurden die Änderungen kurzfristig verschoben. Jetzt sind wir ehrlich gesagt skeptisch. Ich denke, dass wir alles erst sehen werden, wenn es in der Praxis umgesetzt wird. Bei allem, was ich jetzt höre, weiß ich ja nicht, wie aussagekräftig das ist.
Inwiefern unterstützt Sie Optica bei der Abrechnung?
Wir rechnen seit der Gründung mit Optica ab, nachdem uns Optica empfohlen wurde. Und wir sind zufrieden. Was uns wirklich gefreut hat, ist die Tatsache, dass wir jetzt über „Mein Optica“ alle wichtigen Informationen wie Statistiken oder Umsätze online einsehen können. Es ist für uns eine super Sache, einfach mal zwischendurch reinzuschauen und nicht mühsam die Unterlagen raussuchen zu müssen. Das hilft uns sehr. Auch der Service von Optica ist gut. Zu Beginn der Praxis, haben wir oft mit Mitarbeitern von Optical telefoniert und Fragen zur Abrechnung gestellt, die uns auch immer sehr geduldig und gut beantwortet wurden.
Kam Selbstabrechnung schon mal in Frage?
Wir haben mal darüber nachgedacht. Aber ich finde es aktuell sehr gut, dass wir jeden Monat pünktlich eine Sammelabrechnung bekommen. Ich weiß einfach, dass das Geld pünktlich auf dem Konto landet und das gibt uns Sicherheit. So kann man laufende Kosten und auch größere Anschaffungen besser planen. Wenn man selbst abrechnet, muss man die Rezepte nach Kasse bündeln und das vermutlich schwierig, da die Zahlungsmoral eventuell anders sein wird.