Betriebsnachfolge: Nicht warten, bis es so weit ist

Die Chefinnen und Chefs vieler Sanitätshäuser und Orthopädie-Schuhtechnikbetrieb werden schon bald regeln müssen, ob und wie es mit ihrem Betrieb weitergeht. Unter den vielen Aspekten, dies es dabei zu beachten gilt, ist der wichtigste: sich möglichst früh mit der Nachfolgeregelung befassen.

Junger und alter Orthopädieschuhmacher im Gespräch

Sanitätshäuser und Orthopädie-Schuhtechnikbetriebe blicken oft auf eine lange Geschichte zurück. Jubiläen zum 50., zum 75. oder sogar zum 100. Jahrestag und mehr sind keine Seltenheit. Mit ihren Leistungen waren und sind sie für die Kundinnen und Kunden ihrer Umgebung oft ein fester Pol im Alltag. Damit die Geschäfte eine so lange Zeit existieren können, ist ein erfolgreich geregelter Betriebsübergang eine der entscheidenden Voraussetzungen. Doch gerade das könnte in einer Zeit, in der Betriebe vieler Branchen den Mangel an Fachkräften und Nachwuchs beklagen, ein Problem sein.

Der alljährliche durchgeführte Gründungsmonitor der Förderbank KfW zeigt, dass es zwar Hunderttausende Neugründungen in Deutschland gibt, aber nur ein relativ kleiner Anteil daran Betriebsübernahmen sind. Dabei wären gerade sie in großer Zahl nötig: Der Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH) schätzt, dass in den nächsten Jahren mindestens 125.000 Familienbetriebe die Nachfolgefrage lösen müssen. Der Grund liegt in der demografischen Entwicklung: Die Hälfte aller Firmeninhaberinnen und- inhaber ist derzeit 55 Jahre und älter und damit wird die Hälfte aller Betriebe in den kommenden zehn Jahren vor der Übergabe stehen. Für viele wird es Zeit, sich mit dem Thema auseinanderzusetzen, denn die Erfahrung zeigt, dass für eine gute Nachfolgeregelung einen ausreichenden zeitlichen Vorlauf braucht.

Bei Plönnes in Düren: Wunschübergang innerhalb der Familie

Drei Möglichkeiten stehen den Betrieben offen, ihre Weiterexistenz zu sichern: die Übernahme innerhalb der Familie, innerhalb des Betriebs oder durch eine externe Person. Der naheliegende und meist auch gewünschte Fall ist, dass ein Familienmitglied den Betrieb übernimmt. Gut und glücklich lösen ließ sich so beispielsweise die Nachfolge bei Orthopädie-Schuhtechnik Plönnes in Düren. Auch dieser Betrieb ist einer mit einer sehr langen Tradition: „Gegründet hat ihn mein Ururgroßvater 1888, mit mir ist nun die fünfte Generation in unserem Geschäft an die Reihe“, sagt die 28-jährige Orthopädie-Schuhtechnikerin Eva Plönnes. Sie leitet den Betrieb seit Januar dieses Jahres. Erst habe sie sich wie ihre Geschwister nicht für den Beruf interessiert, sagt die Handwerksmeisterin, dann aber doch die Ausbildung gemacht und nebenbei noch Technische Orthopädie an der FH Münster studiert. Ende vergangenen Jahres war es dann so weit: Ihr Vater wollte für sie Platz machen – und damit begann eine anstrengende Zeit.

Da der Betrieb als Einzelunternehmen geführt wurde, musste sie umbauen und modernisieren, um die neuesten Standards zu erfüllen. Denn ein Einzelunternehmen kann beim Übergang nur abgemeldet und dann wieder angemeldet werden. „Von den meisten Stellen wird das dann als Neugründung betrachtet, und dann wird wirklich alles geprüft“, erklärt Plönnes. Ihr Vater hatte schon seit einiger Zeit nicht mehr investiert, schließlich wusste er lange nicht, wie es weitergehen würde. „Als dann klar wurde, dass ich übernehme, sagte er, ich solle das dann so machen, wie ich es will“, erzählt sie. Umgebaut wurde im laufenden Betrieb. Zu den nötigen Maßnahmen gehörte es beispielsweise, den Ladeneingang, die Toilette und den Maßraum behindertengerecht zu gestalten. All dies und mehr wird dann von der Präqualifizierungsstelle geprüft, und ohne ihr Placet kann mit den gesetzlichen Krankenkassen nicht abgerechnet werden. 

Während der Präqualifizierung kam es zur Abrechnungspause

„Die Zeit zwischen Prüfung und Bestätigung war für uns schwierig, weil es etwa fünf Monate gedauert hat, bis das erledigt war. Bei vielen Krankenkassen konnten wir nicht abrechnen, während andere das kulanter gesehen haben“, berichtet Plönnes. Seit Ende Mai ist die Präqualifizierung jedoch abgeschlossen, alles kann wieder abgerechnet werden. „In der Rückschau wäre es vielleicht besser gewesen, den Laden während des Umbaus zu schließen und dann komplett erneuert wieder zu eröffnen. Dann wäre auch die Präqualifizierung wahrscheinlich schneller abgelaufen, deren Termin wir wegen der Bauarbeiten immer wieder verschieben mussten“, bemerkt Plönnes. Doch Ende gut, alles gut: Eva Plönnes ist stolze Chefin von drei Angestellten. Ihr Vater freut sich, dass das Geschäft in der nächsten Generation weiterlebt. Und den Kundinnen und Kunden in Düren ist die vertraute Anlaufstelle geblieben.

Natürlich musste bei Plönnes die Fortführung des Betriebs auch innerfamiliär geregelt werden, Stichwort Erbe. Die Lösung hier war, dass die neue Chefin dem Vater den Betrieb abgekauft. Doch so einfach läuft es leider nicht immer beim Betriebsübergang. Erfahrungsgemäß gehört die Suche nach einer geeigneten Nachfolge dabei mit großem Abstand zu den größten Herausforderungen. Wenn es innerhalb der Familie nicht klappt, bleibt die Chance, dass sich unter den Mitarbeitenden eine Interessentin oder ein Interessent findet. Die Suche sollte schon lange vor dem anvisierten Übergang beginnen, vielleicht zunächst im Stillen durch Beobachtung: Eignet sich unter den Mitarbeitenden jemand dafür? Wenn ja, könnte diese Person dementsprechend langfristig ausgebildet und aufgebaut werden. Schließlich ist eine Meisterin oder ein Meister im Betrieb die Voraussetzung für die Präqualifizierung. Wenn auch innerhalb des Betriebes keine Nachfolge in Sicht ist, bleibt nur noch die Suche nach einer externen Person oder einem Unternehmen.

Zweitwichtigstes Thema: Die Ermittlung des Unternehmenswertes

Ob die Nachfolge aus der Familie, dem Betrieb oder extern geregelt wird: In jedem Fall ist es wichtig, den Unternehmenswert zu ermitteln. Und auch hier hinken die Betriebe häufig ihrer eigenen Zukunft hinterher: Die ZDH-Umfrage zeigt, dass nur in jedem fünften Betrieb, der innerhalb der nächsten fünf Jahre übergeben werden soll, der Unternehmenswert bereits bekannt ist. Dabei steht Hilfe bereit: Die meisten wenden sich zunächst an ihren Steuerberater, die Beratungsangebote von Handwerkskammern und -verbänden werden ebenfalls gerne genutzt. Auch Eva Plönnes ließ sich von einem Berater Handwerkskammer unterstützen. Meist wird dabei das bewährte AWH-Verfahren eingesetzt. Es ist ein Standard zur Unternehmensbewertung gerade von kleinen und mittleren Betrieben, die stark von der Inhaberin oder dem Inhaber geprägt sind, wo Privat- und Betriebsvermögen oft verflochten sind und eine häufig eine Ertragsplanung fehlt.

Dies sind nur einige der vielen Aspekte, die es bei Betriebsübergang zu beachten gilt. Deshalb ist der generelle Rat von Handwerkskammern, Steuerberatern und anderen Experten auch immer derselbe: Warten Sie nicht, bis es so weit ist, sondern fangen Sie früh an, sich mit der Nachfolge zu beschäftigen. Denn es gibt viele Möglichkeiten, die Zukunft des eigenen Betriebs zu sichern und dabei auch die eigene Altersvorsorge nicht aus den Augen zu lassen. Man muss nur die Zeit haben, sie zu identifizieren und zu entwickeln.
 

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