Für den Fall der Fälle: Was Sie zu Kündigungen wissen sollten

Kündigungen - sei es von Arbeitnehmer oder Arbeitgeber - gehören zu den belastendsten Aufgaben in der Praxis. Damit zumindest keine formalen Fehler entstehen, gibt Dr. Dr. Thomas Ruppel einige hilfreiche Tipps.

Auswirkungen der Hochwasserkatastrophe auf physiotherapeutische Praxen

Schriftform & Zustellung

Die Kündigung muss stets schriftlich erfolgen, d.h. auf einem ausgedruckten und unterschriebenen Schriftstück. Kündigt der Arbeitgebende, sollte sie einen Hinweis erhalten, dass der Arbeitnehmende sich spätestens drei Monate vor Beendigung des Arbeitsverhältnisses - wenn die Kündigungsfrist geringer ist dann unverzüglich - bei der Arbeitsagentur arbeitssuchend melden muss.

Wenn die Kündigung persönlich übergeben wird, ist es ratsam, den Arbeitnehmenden auf einer zweiten Ausfertigung der Kündigung unterschreiben zu lassen, dass er oder sie genau diesen Text erhalten hat - und wann. Denn mit Zugang der Kündigung hat der Arbeitnehmende drei Wochen Zeit, Kündigungsschutzklage vor dem Arbeitsgericht zu erheben. Daher ist es wichtig zu wissen, ob und wann der Arbeitgebende gekündigt hat.

(Einwurf)Einschreiben sind hier wenig sinnvoll, denn sie beweisen nur, dass man etwas verschickt hat - aber nicht, welchen Inhalt das Schreiben hatte. Wer hier auf Nummer sicher gehen muss, lässt eine:n Gerichtsvollzieher:in die Kündigung zustellen oder unterschreibt das Kündigungsschreiben im Beisein von Zeug:innen, legt es gemeinsam mit eine:r Zeug:in in den Briefkasten und dokumentiert dies alles.

Kündigungsfrist

Bei einer ordentlichen Kündigung ist das Arbeitsverhältnis dann mit Ablauf der Kündigungsfrist beendet. Diese kann sich aus einem Tarifvertrag - solche gibt es bei Heilmittelerbringer:innen nicht -, aus dem Bürgerlichen Gesetzbuch oder direkt aus dem Arbeitsvertrag ergeben. Wichtig ist: Ist die Kündigungsfrist für den Arbeitgeber im Arbeitsvertrag kürzer als im Gesetz steht, dann ist der Arbeitsvertrag insoweit unwirksam und es gilt die längere gesetzliche Kündigungsfrist.

Solange das Arbeitsverhältnis noch nicht länger als zwei Jahre bestanden hat, kann der Arbeitgebende dieses mit einer Frist von vier Wochen zum 15. oder zum Ende eines Monats kündigen. Wenn es wenigstens zwei Jahre bestanden hat, gilt eine Kündigungsfrist von einem Monat - das sind mehr als vier Wochen! - und die Kündigung ist nur noch zum Ende eines Monats möglich. Die Kündigungsfristen für den Arbeitgebenden erhöhen sich dann mit der Dauer der Betriebszugehörigkeit auf bis zu sieben Monate.

Je nach Vereinbarung können Arbeitnehmende häufig in kürzerer Frist kündigen. In keinem Fall darf die Kündigungsfrist für den Arbeitnehmenden länger sein als für den Arbeitgebenden.

Ist eine Probezeit vereinbart, können beide Seiten das Arbeitsverhältnis mit einer Frist von zwei Wochen kündigen. Die Probezeit darf maximal sechs Monate betragen. Wenn die Probezeit nicht explizit vereinbart ist, dann gibt es sie auch nicht und die Kündigung darf nur zu den genannten Fristen erfolgen und bei größeren Praxen nur bei Vorliegen eines Kündigungsgrundes.

Auszubildende sind nach Ablauf der Probezeit nicht mehr ordentlich kündbar durch den Arbeitgebenden, sie selbst können aber jederzeit ordentlich kündigen.

Kündigungsgrund

Viele Praxen fallen nicht unter das Kündigungsschutzgesetz. D.h. sie können auch weitgehend grundlos kündigen und sind an die im Kündigungsschutzgesetz aufgeführten Kündigungsgründe nicht gebunden. Die Kündigung darf nur nicht willkürlich sein. Eine solche ordentliche Kündigung im Kleinbetrieb muss auch nicht begründet werden.

Solche Praxen fallen nicht unter das Kündigungsschutzgesetz, die in der Regel zehn oder weniger Arbeitnehmer:innen beschäftigen. Teilzeitkräfte - auch Minijobber - mit einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von nicht mehr als 20 Stunden zählen dabei nur mit 0,5 und Mitarbeiter:innen mit über 20 aber nicht mehr als 30 Stunden mit 0,75. Auszubildende werden gar nicht berücksichtigt. Auch der - oder bei Gemeinschaftspraxen mehrere - Inhaber - werden nicht mitgezählt.

Fällt die Praxis aufgrund ihrer Größe unter das Kündigungsschutzgesetz, stehen dem Arbeitgebenden nur noch drei Kündigungsgründe zur Verfügung: Betriebsbedingt kann gekündigt werden, wenn in dem Betrieb - das ist nicht das Unternehmen, sondern bei Bestehen mehrerer Praxen der jeweilige Standort - dringende betriebliche Erfordernisse bestehen, die einer Weiterbeschäftigung im Wege stehen. Dafür ist nicht nur zu klären, ob der Arbeitsplatz wirklich wegfällt, sondern in einer komplexen Sozialauswahl auch, ob es nicht weniger schutzwürdige Arbeitnehmer:innen (jüngere, ohne Familie etc.) geben würde.

Daneben bestehen noch die Möglichkeiten einer verhaltensbedingten Kündigung - bei vorwerfbarem Fehlverhalten - oder einer personenbedingten Kündigung, die dann ausgesprochen werden kann, wenn der Arbeitnehmende seine Arbeitsleistung nicht mehr ausreichend erbringt, aber dafür nichts kann (Krankheit, Trunkenheit usw.). Jeder Kündigung muss daher eine Zukunftsprognose innewohnen: Wenn der Arbeitnehmende seine vertraglich geschuldeten Leistungen wahrscheinlich auch in Zukunft nicht ordnungsgemäß erbringen wird, kann er oder sie gekündigt werden.

Ein Anspruch auf Abfindung bei Kündigung besteht übrigens nicht. Nur bei betriebsbedingten Kündigungen bei großen Praxen bekommt man ein halbes Monatsgehalt je Beschäftigungsjahr. Oft wird eine Abfindung dann vereinbart, wenn die Kündigungsschutzklage eigentlich erfolgreich gewesen wäre, aber Arbeitnehmer:in und Arbeitgeber:in nicht mehr zusammenarbeiten wollen. Der Arbeitgebende kann jedoch nicht zur Zahlung verpflichtet werden und könnte, wenn er oder sie die Kündigungsschutzklage verliert, den Arbeitnehmenden auch einfach weiterbeschäftigen.

Bei schweren Verfehlungen - sowohl der Arbeitnehmer-, als auch der Arbeitgeberseite - kommt eine außerordentliche Kündigung in Betracht. Wie schwerwiegend die Verfehlung sein muss hängt u.a. von der Dauer der Betriebszugehörigkeit, der Stellung des Arbeitnehmenden im Unternehmen und vieler anderer Faktoren ab. So berechtigen Körperverletzungen gegen Kolleg:innen stets zur außerordentlichen Kündigung, kleine Diebstähle hingegen nicht immer. Wichtig: Die außerordentliche Kündigung kann nur innerhalb von zwei Wochen nach dem Vorfall ausgesprochen werden. Hier gelten zunächst die gleichen Formanforderungen (Schriftlichkeit) wie bei "normalen" Kündigungen.  Auf Verlangen des Vertragspartners sind die Kündigungsgründe unverzüglich schriftlich mitzuteilen. Der Arbeitnehmende kann natürlich auch gegen die außerordentliche Kündigung innerhalb von drei Wochen Klage erheben.

Besonderheiten bei Anwaltskosten

In der ersten Instanz des arbeitsgerichtlichen Verfahrens gilt, das jede Partei ihre Kosten selbst trägt. D.h. egal ob der Arbeitnehmer gewinnt oder verliert, bleiben Arbeitnehmer:in und Arbeitgeber:in auf ihren Anwaltskosten sitzen. Hier ist in vielen Fällen eine Rechtsschutzversicherung ratsam.
 


Dr. Dr. Thomas Ruppel und sein Team beraten Heilmittelerbringer in allen rechtlichen Fragen. Die Rechtsanwaltskanzlei Dr. jur. Dr. rer. med. Ruppel erreichen Sie per Mail oder Telefon: 0451 29366-500.

!
Nutzen Sie schon eine Praxissoftware?