Schiedsspruch ohne Vergütungsentscheid: Wie geht es nun weiter?

Der Schiedsspruch brachte nicht die erhoffte Lösung und erneute Verhandlungen sind gescheitert. Kommt ein neues Schiedsverfahren im Heilmittelbereich?

Schiedsspruch ohne Vergütungsentscheid

Das Jahr 2019 begann für Heilmittelerbringer:innen verheißungsvoll: Das Terminservice- und Versorgungsgesetz (TSVG) sah Verhandlungen neuer, bundesweiter Verträge je Berufsgruppe zwischen den maßgeblichen Verbänden im Heilmittelbereich und dem GKV-Spitzenverband vor. Sie sollten unter anderem eine angemessene Vergütung herbeiführen und bürokratische Hürden für Therapeut/innen abbauen. Zwei Jahre später steht fest: Die Verhandlungen sind gescheitert, eine angemessene Vergütung ist nicht in Sicht und auch die Schiedsstelle, die Einigung herbeiführen sollte, wenn bis zum 1. Juli 2020 kein Rahmenvertrag zustande kommen würde, brachte mit pandemiebedingten Verzögerungen keinen Einklang.  

Verhandlungen und Schiedsverfahren ohne angemessene Vergütung

Über die Verhandlungen hatten Verbände und Krankenkassen Stillschweigen vereinbart. Ergebnis ist ein bundesweiter Rahmenvertrag mit offenen Punkten, dessen In Kraft treten deswegen auf sich warten lässt. Im Schiedsspruch sind jetzt zwar für den allgemeinen Teil des Rahmenvertrags und in den Anlagen 3a und 3b wichtige Punkte abschließend entschieden worden. Die Schiedsstelle legte in ihrer Entscheidung zur Vergütungserhöhung allerdings lediglich einen Ausgleich der Kostenentwicklung im Zeitraum vom 1. Juli 2019 bis zum 31. März 2021 um 1,51 Prozent fest. Für die weiteren Vergütungsverhandlungen zwischen Verbänden und Krankenkassen gab sie Kriterien vor: Demnach sollte als Orientierungsgröße dienen, dass Therapeut:innen in Praxen genauso viel verdienen müssten, wie Angestellte in Krankenhäusern, die gemäß dem Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD) vergütet werden. Ziel war laut Schiedsspruch, dass der Rahmenvertrag zum 1. April inklusive neuer Preise in Kraft tritt. Inzwischen steht fest: Der Rahmenvertrag tritt noch nicht in Kraft, denn ein unzureichendes Krankenkassenangebot steht einer notwendigen Vergütungssteigerung von mindestens 30 Prozent gegenüber, wie sie die Verbände auf Grundlage des WAT-Gutachtens und von Berechnungen über eine wirtschaftliche Praxisführung fordern. Eine Einigung konnte nicht erzielt werden.

Verbände zeigen sich enttäuscht vom Schiedsspruch

Die Verbände bewerten den Ausgang der Verhandlungen und den Schiedsspruch als enttäuschend: „Seit Jahrzehnten werden Therapeut:innen für ihre Leistungen unzureichend entlohnt“, stellt Christine Donner, geschäftsführender Vorstand vom Bundesverband für Ergotherapeut:innen in Deutschland e.V. (BED), fest. „Der BED e.V. wird sich auf der Zielgeraden daher nicht von einem höchst zweifelhaften und mit schulmeisterlichen Belehrungen versehenen Schiedsspruches von seinem Weg hin zu einer angemessenen Vergütung für Therapeut/innen abbringen lassen.“ In einer Stellungnahme der Vorsitzenden der vier maßgeblichen Physiotherapieverbände Bundesverband selbstständiger Physiotherapeuten (IFK), Deutscher Verband für Physiotherapie (Physio-Deutschland), Verband Physikalische Therapie (VPT) und VDB-Physiotherapieverband heißt es: „Nach vielen Monaten zäher Verhandlungen und den bisherigen inakzeptablen Angeboten der Kassen zweifeln die maßgeblichen Verbände inzwischen daran, dass sich ein Kompromiss mit dem GKV-Spitzenverband finden lässt. Trotz Entgegenkommens der Verbände und einer durch Gutachten nachgewiesenen Notwendigkeit für eine deutliche Vergütungserhöhung, war keine Bewegung bei den Kassen zu spüren.“ Der politische Auftrag, durch eine angemessene Vergütung eine leistungsgerechte und wirtschaftliche Praxisführung zu ermöglichen, um damit die Attraktivität des Berufsbildes zu steigern und weiterhin eine hochwertige Patientenversorgung sicherzustellen, sei durch den GKV-Spitzenverband und die Schiedsstelle ignoriert worden. Bettina Kuhnert, Vorstandsmitglied beim Deutschen Verband der Ergotherapeuten e.V. (DVE), sagt: „Trotz des unzulänglichen Schiedsspruches zu den Preisen ist es das Ziel des DVE, zeitnah eine Einigung zu neuen Vergütungen für die ergotherapeutischen Praxen zu erzielen. Ebenfalls ist es ein Ziel für uns, möglichst zeitnah den neuen Rahmenvertrag in Kraft treten zu lassen, da die neue Heilmittelrichtlinie in Verbindung mit den noch gültigen „alten“ Rahmenverträgen nicht in allen Punkten kompatibel ist“.

Wie geht es nun weiter?

Der Schiedsspruch fiel am 26. Februar 2021 und zitierte Verbände und GKV-Spitzenverband zurück an den Verhandlungstisch. Nachdem auch weitere Gespräche zu keinem Einklang geführt haben, erwägen die Verbände nun in Zusammenarbeit mit einem Fachanwalt ein erneutes Schiedsverfahren zur Klärung offener Punkte, wie dem Inkrafttreten des neuen Bundesrahmenvertrages, der möglichen Laufzeit und der nötigen Preissteigerungen. Unter Beachtung aller im Vorfeld eines erneuten Schiedsverfahrens notwendigen Fristen könnte es im Juli 2021 starten. Für die maßgeblichen Physiotherapieverbände steht fest: „Es ist und bleibt unser Ziel, den gesetzgeberischen Auftrag zu erfüllen, die Attraktivität unseres Berufsbildes zu fördern und für eine angemessene und wirtschaftliche Vergütung unserer Praxis und ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu sorgen“. Damit sprechen sie wohl stellvertretend für alle Heilmittelerbringer:innen.

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