„Hilfe neben dem Platz“

Der Mainzer Ergo- und Neurotherapeut Dr. Eric Raehmisch fordert seit vielen Jahren, dass nicht nur Physio- sondern auch Ergotherapeut:innen im Spitzensport zum Einsatz kommen.

Optica PRAXISnah

Herr Dr. Raehmisch, wie kam es zu Ihrem Engagement für Ergotherapeut:innen im Spitzensport? 

Gerade in meiner Zeit als sportpsychologischer Koordinator im Nachwuchsleistungszentrum eines Zweit- und Drittligisten habe ich gemerkt, dass dort immer nur Physiotherapeut:innen, Athletiktrainer:innen, Pädagog:innen und Ärzt:innen im Einsatz waren, nicht aber Ergotherapeut:innen. Dabei käme ihnen gerade als Alltagsbetreuer:innen von Nachwuchsspieler:innen eine wichtige Aufgabe zu.

Inwiefern?

Viele junge Spieler:innen sind dort ja teilweise ganz alleine. Reiche Vereine wie RB Leipzig können es sich vielleicht leisten, die ganze Familie im Nachwuchszentrum einzuquartieren, aber in der Regel sind das völlig entwurzelte Kinder und Jugendliche, die nichts kennen außer dem Leben auf dem Sportplatz und die auch nie gelernt haben, sich im Alltag konkret zurechtzufinden.

Und die brauchen dann einen „Dr. Alltag“, wie Sie Ergotherapeut:innen auch bezeichnen.

Genau. Menschen, die ihnen neben dem Platz helfen, den Alltag klar und motiviert zu strukturieren, sodass sie lernen, wie man zum Beispiel Bankgeschäfte abwickelt, die Waschmaschine bedient oder sich etwas Gesundes zu Essen zubereitet. Ich selbst habe mal in Wiesbaden einen jungen Spieler aus Ghana – Michael Akoto – sehr eng betreut. Er wollte zwischenzeitlich schon das Fußballspielen aufgeben, weil er in dieser Welt einfach nicht zurechtkam. Und siehe da: Seit letztem Sommer ist er bei Dynamo Dresden unter Vertrag. Inzwischen werden übrigens auch einige Bachelor- und Masterarbeiten zum Thema Sport und Ergotherapie geschrieben; ich erhalte dazu viele Anfragen und Mitteilungen von Studierenden aus der ganzen Bundesrepublik. Und in einigen Vereinen der Fußballbundesliga wird auch schon mit externen Ergotherapeut:innen in den Nachwuchsleistungszentren zusammengearbeitet. Dass ich dazu einen wichtigen Beitrag leisten konnte, hat mich sehr froh und auch ein bisschen stolz gemacht.

Wie offen zeigen sich die Vereine, wenn es darum geht, Ergotherapeut:innen auch fest einzustellen und richtig in die Arbeit mit einzubeziehen?

Ich habe diesbezüglich bereits vor einigen Jahren alle Bundesligavereine angeschrieben, aber leider nicht mit einem durchschlagenden Erfolg. Allerdings gebe ich nicht auf, hier Aufklärungsarbeit zu leisten und es immer wieder zu versuchen. Gerade erst neulich habe ich einen neuen Anlauf beim DFB gemacht, der jetzt im Sommer in Frankfurt seine Akademie eröffnet hat.

Haben Sie bereits eine Antwort?

Ja, leider wieder eine Absage. Allerdings hat der medizinische Leiter in seiner Antwort geschrieben, dass man sich „zunächst“ nicht mit der Ergotherapie beschäftigen wolle. Das gibt mir ein bisschen Hoffnung. Ich bleibe am Ball, im wahrsten Sinne des Wortes.

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