Betriebsübergabe: Das kann teuer werden! Typische Stolpersteine erkennen und vermeiden

Im letzten Teil unserer 11-teiligen Serie für die Bundesfachschule für Orthopädietechnik: Dieser Artikel zeigt, welche 7 typischen Stolpersteine bei der Betriebsübergabe häufig auftreten und gibt praxisnahe Tipps, wie durch vorausschauende Planung, klare Kommunikation und gezielte Maßnahmen kostspielige Fehler vermieden werden können.

Ältere Frau und junger Mann bereiten eine Betriebsübernahme am Laptop vor

Die Nachfolgeregelung und Übergabe eines Betriebs gehört zu den größten Herausforderungen für Unternehmer:innen. Ohne sorgfältige Planung und vorausschauendes Handeln kann dieser komplexe Prozess schnell zu finanziellen Belastungen und organisatorischen Problemen führen. Von steuerlichen Fallstricken bis hin zu unklaren Vertragsregelungen – die potenziellen Risiken sind vielfältig. In diesem Artikel erfahren Sie, welche typischen Stolpersteine es gibt und wie Sie diese gezielt vermeiden können.

1. Fehlende oder verspätete Planung

Eine der häufigsten und teuersten Fehlerquellen ist eine zu späte oder gar fehlende Nachfolgeplanung. Studien zeigen, dass viele Inhaber:innen erst über die Nachfolge nachdenken, wenn das Rentenalter bereits kurz bevorsteht. Diese Kurzfristigkeit kann dazu führen, dass geeignete Nachfolger:innen fehlen oder der Verkaufspreis des Betriebs unter Druck verhandelt wird – mit finanziellen Einbußen. 

Tipp: Beginnen Sie mindestens fünf bis zehn Jahre im Voraus mit der Planung, um ausreichend Zeit für die Auswahl, Einarbeitung und Klärung aller rechtlichen Aspekte zu haben.

2. Unklare Bewertung und fehlende betriebswirtschaftliche Analyse

Ein häufiger Stolperstein bei der Betriebsübergabe ist die unzureichende oder falsche Bewertung des Unternehmens. Häufig liegt der Fokus ausschließlich auf materielle Vermögenswerte wie Gebäude oder Maschinen, während immaterielle Werte wie der gute Ruf des Unternehmens, die Lage des Betriebs oder bestehende Kundenbeziehungen vernachlässigt werden. Gleichzeitig wird oft versäumt, betriebswirtschaftliche Auswertungen (BWA) der letzten drei Jahre detailliert zu analysieren. Dabei sind diese essenziell, um die Kostenstruktur, Umsatzentwicklung und Quartalsabrechnungen zu prüfen.

Tipp: Lassen Sie den Wert des Betriebs professionell und umfassend ermitteln, wobei sowohl materielle als auch immaterielle Vermögenswerte berücksichtigt werden. Arbeiten Sie zusätzlich eng mit Steuerberater:innen zusammen, um finanzielle Stärken und Schwächen transparent offenzulegen und eine fundierte Grundlage für die Übergabe zu schaffen.

3. Unzureichende Prüfung von Arbeitsverträgen

Arbeitsverträge der Mitarbeitenden sind ein wichtiger Bestandteil des Betriebs und sollten bei einer Übergabe sorgfältig geprüft werden. Ungenauigkeiten oder veraltete Regelungen können Konflikte oder zusätzliche Kosten verursachen. 

Tipp: Überprüfen Sie die Verträge rechtzeitig und bringen Sie diese gegebenenfalls auf den neuesten Stand.

4. Steuerliche Fallstricke

Steuern sind eine häufig unterschätzte Kostenfalle bei der Betriebsübergabe. Ob Schenkungssteuer, Erbschaftssteuer oder Umsatzsteuer – ohne fundierte steuerliche Beratung können hohe Belastungen entstehen, die die Nachfolge erschweren oder sogar den Fortbestand des Betriebs gefährden. Mit frühzeitiger Planung und gezielter Gestaltung lassen sich jedoch erhebliche Steuervergünstigungen realisieren. Besonders bei Übergaben innerhalb der Familie bieten Schenkungen zu Lebzeiten große Gestaltungsspielräume. Die Freibeträge können alle zehn Jahre erneut genutzt werden, was eine schrittweise und steueroptimierte Übertragung ermöglicht. Eine strategische Planung kann hier nicht nur die Steuerlast reduzieren, sondern auch finanzielle Sicherheit für alle Beteiligten schaffen.

Tipp: Ziehen Sie frühzeitig erfahrene Steuerexpert:innen hinzu, um steuerliche Risiken zu minimieren und alle möglichen Vorteile auszuschöpfen. Eine rechtzeitig durchdachte Steuerstrategie sichert den wirtschaftlichen Erfolg der Nachfolge.

5. Unzureichende Kommunikation

Mitarbeiter:innen sind das Herzstück eines jeden Betriebs, und fehlende Transparenz bei der Betriebsübergabe kann schnell Unsicherheiten und Misstrauen auslösen. Doch nicht nur das Team ist betroffen: Eine unzureichend kommunizierte Übergabe kann auch bei Kund:innen und Geschäftspartner:innen Zweifel wecken und die Stabilität des Unternehmens gefährden. Unsicherheiten und Gerüchte wirken sich negativ auf das Vertrauen und die Arbeitsmoral aus.

Tipp: Kommunizieren Sie frühzeitig und offen mit allen Beteiligten – Mitarbeitenden, Kund:innen und Geschäftspartner:innen. Transparenz schafft Vertrauen und sorgt dafür, dass der Übergangsprozess reibungslos und stabil verläuft.

6. Fehler bei der Vertragsgestaltung

Eine fehlerhafte oder unvollständige Vertragsgestaltung kann teure rechtliche Konsequenzen nach sich ziehen. Unklare Regelungen zu Haftung, Zahlung oder Betriebsübernahme führen oft zu Konflikten zwischen den Parteien. Häufig eskalieren solche Streitigkeiten und enden vor Gericht, was nicht nur zeitaufwändig, sondern auch äußert kostspielig ist. Zudem werden wichtige Aspekte wie Wettbewerbsverbote, Garantien oder die Übergabe immaterieller Vermögenswerte, etwa Kundenbeziehungen oder Markenrechte, oft nicht ausreichend berücksichtigt, was den langfristigen Erfolg gefährden kann.

Tipp: Beauftragen Sie erfahrene Rechtsanwält:innen, die sich auf Unternehmensnachfolgen spezialisiert haben, um wasserdichte Verträge aufzusetzen.

7. Innovationsstau und fehlende Digitalisierung

Unternehmen, die technologisch nicht auf dem neuesten Stand sind, verlieren bei einer Betriebsübergabe schnell an Attraktivität – sowohl für Nachfolger:innen als auch für Kund:innen. Fehlende Innovationskraft und mangelnde Digitalisierung können dazu führen, dass der Betrieb nicht mehr (lange) wettbewerbsfähig ist. In der Hilfsmittelbranche, die sich aktuell durch schnelle technologische und gesetzliche Entwicklungen wie Telematikinfrastruktur, eVerordnung oder elektronische Patientenakten auszeichnet, ist dies besonders kritisch.

Digitale Prozesse, wie eine leistungsstarke Branchensoftware, verbessern nicht nur die Effizienz und Transparenz, sondern erhöhen auch den Marktwert des Betriebs. Sie ermöglichen es, Arbeitsabläufe zu optimieren, Kundenanforderungen schneller zu erfüllen und langfristig wettbewerbsfähig zu bleiben. 

Tipp: Überprüfen Sie regelmäßig die technologische Ausstattung und die digitalen Prozesse Ihres Betriebs. Investitionen in moderne Technologien – von digitalem Abrechnungsmanagement bis zur Anbindung an die Telematikinfrastruktur – sichern nicht nur die Zukunftsfähigkeit des Betriebs, sondern erhöhen auch dessen Attraktivität für Nachfolger:innen und steigern den Unternehmenswert.

Rechtzeitig handeln, Stolpersteine vermeiden

Die Betriebsübergabe ist ein komplexer Prozess, der ohne die richtige Vorbereitung schnell teuer werden kann. Eine frühzeitige und strategische Planung, professionelle Beratung von Expert:innen und transparente Kommunikation sind entscheidend, um typische Fehler zu vermeiden. So sichern Sie nicht nur den Fortbestand des Betriebs, sondern auch die wirtschaftliche Stabilität für alle Beteiligten.

Zusammenfassung:

Die Betriebsübergabe ist ein komplexer Prozess, der sorgfältige Planung erfordert, um finanzielle Belastungen und organisatorische Probleme zu vermeiden. Häufige Stolpersteine wie verspätete Planung, unklare Bewertung des Unternehmens, steuerliche Fallstricke oder fehlende Kommunikation können den Übergang erschweren und teuer werden. Frühzeitige Maßnahmen wie die Klärung von Steuervergünstigungen, professionelle Vertragsgestaltung und Investitionen in Digitalisierung helfen, Risiken zu minimieren und die Attraktivität des Betriebs für Nachfolger:innen zu erhöhen. Mit einer durchdachten Strategie lässt sich eine reibungslose Übergabe sichern, die sowohl den Fortbestand als auch die Wettbewerbsfähigkeit des Betriebs gewährleistet.

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