Geriatrie: Physiotherapie in einer alternden Gesellschaft

Immer mehr ältere Patient:innen – das bedeutet auch eine Zunahme neuer, oft multipler Beschwerden. Damit steigen die Ansprüche an Praxen für Physiotherapie. Wie können Sie dem gerecht werden?

Deutschland wird immer älter. Jede fünfte Person ist heute über 66 Jahre alt. Statistiker prognostizieren: Bis Mitte der 2030er-Jahre wird die Zahl der Deutschen im Rentenalter von derzeit 16,4 Millionen auf mindestens 20 Millionen steigen. Ab Mitte der 2030er-Jahre werde die Zahl der über 80-Jährigen und damit voraussichtlich auch der Pflegebedarf massiv zunehmen.

Mangel an Fachkräften

In den Praxen für Physiotherapie spürt man bereits heute die Herausforderungen des demografischen Wandels. Man sei zwar seit Langem auf die Zielgruppe der alternden Patientenschaft eingestellt, doch mangele es an Fachkräften, erklärt Ute Merz, Sprecherin von Physio Deutschland. Durch die Zunahme hochbetagter Patient:innen werde dieser Engpass noch verschärft.

Im höheren Alter nehmen etwa Gelenkerkrankungen, Herz-Kreislaufprobleme, neurologische Erkrankungen und bestimmte Arten von Knochenbrüchen zu. Doch man könnte vorbeugen: Gezielte Übungen stärken Muskeln, Knochen und Sehnen. Merz fordert daher, die Prävention auszubauen, um Erkrankungen gar nicht erst entstehen zu lassen. „Eine vermehrte Prävention würde nicht nur die Physiotherapie, sondern das gesamte Gesundheitssystem entlasten.“

Andere Krankheitsbilder im Alter

Übereinstimmend fordert auch der Verband für Physiotherapie (VPT) mehr Möglichkeiten, Patient:innen dabei zu unterstützen, möglichst lange ihre Selbstständigkeit zu erhalten. „Wir brauchen mehr Praxen, deren technische, räumliche und personelle Ausstattung auf die Anforderungen alter und sehr alter Menschen ausgerichtet ist“, sagt Steffen Gabriel, stellvertretender VPT-Bundesgeschäftsführer.

Damit könne man auf die so genannte Multimorbidität im Alter, also die Kombination mehrerer chronischer Krankheitsbilder, besser eingehen. Eine weitere Herausforderung: Auch die psychische Belastbarkeit nimmt im Laufe des Lebens ab. „Wir müssen daher unsere kommunikativen Kompetenzen ausbauen.“ Werden Patient:innen angemessen motiviert? Geht man genügend auf die individuelle Lebenssituation ein?
 

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Hausbesuche kaum möglich

Der VPT beobachtet, dass neugegründete Praxen zunehmend auf eine alternde Zielgruppe eingestellt sind. Bereits beim Einrichten der Räume werde auf Barrierefreiheit geachtet. „Multiprofessionelle Teams, also Fachkräfte aus Pflege, Physiotherapie, Ärzteschaft, Psychologie etc. werden an Relevanz gewinnen“, prognostiziert Gabriel.

Für hochbetagte Menschen, die nicht mehr mobil sind, wären Hausbesuche ideal. Doch laut einer aktuellen Umfrage des VPT lehnen 88,4 Prozent der befragten Praxen solche zeitaufwändigen Hausbesuche ab, da sie ohnehin zu wenig Personal haben. „Krankenkassen und Politik sind gefragt, die Rahmenbedingungen zu ändern, damit sich die Leistungserbringer auf eine alternde Gesellschaft einstellen können“, mahnt Gabriel an. 

Zeitvorgaben schränken ein

Physiotherapeutin Annette Neurath arbeitet seit 30 Jahren in einer geriatrischen Klinik in Berlin mit rund 120 Betten. Sie sieht die Geriatrie als „Stiefkind der Physiotherapie“. Junge Therapeut:innen hätten oft den Berufswunsch, im Sport zu arbeiten. Das sei für viele nicht realistisch. Eine weitere Herausforderung, die Neurath zu schaffen macht: die Zeitvorgaben der Krankenkassen. Je nach Krankheitsbild sind rund 18 bis 21 Tage für den Krankenhausaufenthalt bei einer geriatrischen Rehabilitation vorgesehen. „Ein ‚junger Alter‘, der sich beim Tennisspielen den Arm gebrochen hat, kommt damit aus, aber wir haben viele Patient:innen mit multiplen Problemen.“ Das reiche von Schlaganfällen über die Folgen einer COVID-Erkrankung bis hin zu Demenz. „Wir benötigen auch Zeit, um Vertrauen aufzubauen“, sagt Neurath. „Physiotherapie ist Beziehungsarbeit.“


Die Bandbreite der Physiotherapie in der Geriatrie:

1. Geriatrische Krankengymnastik

Linderung von Beschwerden bei Arthritis, Gleichgewichtsstörungen, Gelenkschmerzen oder Osteoporose. Wiedererlangen der Mobilität nach einem Gelenkersatz.

2. Orthopädische Physiotherapie

Hilfe bei Erkrankungen des Bewegungsapparats. Mobilität erlangen nach orthopädischen Operationen

3. Kardiopulmonare Physiotherapie

Die kardiopulmonare oder kardiorespiratorische Physiotherapie beschäftigt sich mit Lunge respektive Herz, etwa nach einem Herzinfarkt oder einer Lungenfibrose. Ziel ist es, die Ausdauer wieder zu erhöhen.

4. Neurologische Physiotherapie

Patient/innen lernen, im Alltag mit den Symptomen ihrer Erkrankung umzugehen. Hier werden etwa Sehstörungen, der Verlust von Muskelmasse sowie Gleichgewichts- oder andere Bewegungsstörungen behandelt.

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