PRAXISnah: „Über eine langjährige Therapie erleichtern wir den Alltag unserer Patient:innen.“

Kollegen über die Schulter schauen und voneinander lernen: diesmal mit Moritz Gallon, Physiotherapeut und Praxisinhaber in Bad Kreuznach.

PRAXISnah: "Über eine langjährige Therapie erleichtern wir den Alltag unserer Patient:innen."

Herr Gallon, was ist das Besondere an Ihrer Praxis?
Wir haben eine Praxisgemeinschaft mit neun festangestellten Therapeut:innen. Jedoch sind nur drei von uns in den Räumlichkeiten der Praxis tätig.

Das müssen Sie erklären!
Wir betreuen hauptsächlich neurologische Patient:innen in verschiedenen sozialen Einrichtungen. Das sind Menschen mit geistigen und körperlichen Einschränkungen, die dort in unterschiedlichen Wohnheimen leben und arbeiten und bei denen wir regelmäßig unsere Hausbesuche machen. Diesen Patient: innen ist es nicht möglich, eine Praxis aufzusuchen, und so findet die Therapie in ihrem Alltag statt.

Ist das für Sie und Ihre Mitarbeiter:innen besonders herausfordernd?
Es ist besonders schön für uns! In einer Praxis sieht man Patient:innen normalerweise nur für die Dauer ihrer Verordnung, die sich normalerweise auf sechs oder zwölf Mal beschränkt. Das ist bei uns anders. Wir kümmern uns teilweise über viele Jahre um diese Menschen und bauen eine besondere Bindung zu ihnen auf. Die Betreuung geht weit über das hinaus, was eine krankengymnastische Behandlung einschließt. Man wird Teil ihres Lebens, begleitet sie und versucht über eine langjährige Therapie ihnen ihren Alltag zu erleichtern. Zum Beispiel versuchen wir bei manchen Patient:innen die Handkoordination zu verbessern, sodass sie selbstständig essen können, oder machen spezielles Steh- und Gehtraining mit angepassten Hilfsmitteln. Manchmal sind es auch nur Kleinigkeiten, die den Patient:innen den Alltag extrem erleichtern, wie das Trainieren der Kopfkontrolle. Damit können sie sich im Raum orientieren und viel besser kommunizieren.

Wie klappt die Zusammenarbeit mit anderen Betreuer:innen, Therapeut:innen und Ärzt:innen?
Die Zusammenarbeit ist wirklich super. Alle sind froh, wenn man sich entsprechend der eigenen Kompetenzen in die Patientenversorgung einbringen kann. Da wir die Patient:innen mehrmals wöchentlich sehen, sind wir natürlich nah dran. Wir bemerken zum Beispiel eher, wenn Hilfsmittel wie Rollstuhl, Korsett oder Orthesen angepasst werden müssen. Dann sprechen wir das an, gehen auch zur Visite mit den Ärzt:innen und klären dann mit den Techniker:innen, was zu tun ist. Die Kommunikation mit anderen Therapeut:innen, Betreuer:innen oder auch den Eltern klappt ebenso gut. Eine optimale Betreuung wäre sonst undenkbar.

Aber solche Arbeiten sind doch wahrscheinlich nicht abrechenbar?
Richtig, das sind sie nicht und dennoch gehören sie für uns selbstverständlich zur ganzheitlichen Versorgung unserer Patient:innen dazu. Außerdem ist es eine unglaubliche Freude zu sehen, wenn die Patient:innen Fortschritte machen und Stück für Stück selbstständiger werden.

Braucht man für diese Arbeit besondere Qualifikationen?
Häufig wird bei uns eine krankengymnastische Behandlung, die sogenannte ZNS, verordnet, weil es sich um Patient:innen mit Störungen im zentralen Nervensystem handelt. Dafür benötigt man eine Ausbildung in Bobath, PNF oder Vojta. In all diesen Fortbildungen lernen die Therapeut:innen, die Patient:innen bei verschiedenen Bewegungsabläufen zu unterstützen. Die Grundregel hierbei lautet: So viel wie nötig, so wenig wie möglich.

Haben Sie Probleme, neue Mitarbeiter:innen für diese Arbeit zu finden?
Fachkräftemangel gibt es überall. Welche Praxis sucht keine Leute? Aber wir haben das große Glück, ein tolles Kollegium zu haben, sodass vermutlich niemand von uns freiwillig weggehen würde. Alle sind zufrieden mit ihrer Arbeit, und ich muss nicht ständig nach neuen Mitarbeiter:innen suchen.

Aber untereinander gibt es während der Arbeit relativ wenig Kontakt, oder?
Es ist auch in anderen Praxen üblich, dass man seine Behandlung getrennt voneinander macht. Über den Weg laufen wir uns aber durchaus – nur eben nicht in den Praxisräumen, sondern in den Wohnheimen. Auch unsere Mittagspause verbringen wir meist gemeinsam.

Trotzdem steht jetzt der Umzug in eine größere Praxis an. 
Ja, das ist richtig. Ich hoffe, dass das Haus nächstes Jahr bezugsfähig ist. Unsere alten Räume sind einfach nicht mehr zeitgemäß. Die neuen Räumlichkeiten werden größtenteils auf unsere Patient:innen zugeschnitten sein, die nicht in sozialen Einrichtungen leben. Damit können wir ihnen ein breiteres Behandlungsspektrum bieten. Eine direkte Zusammenarbeit mit Ergotherapeut:innen würden wir uns wünschen. Durch das größere Platzangebot werden wir zum Beispiel ganz klassisch Rückenschule anbieten können. Solche Angebote gibt es bisher hier im
Ort nicht.

Physiotherapie Moritz Gallon

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