Selbstbestimmungsgesetz – Auswirkungen auf Heilmittelpraxen?

Kaum ein politisches Vorhaben der Ampel-Koalition hat so hohe Wellen geschlagen wie das Selbstbestimmungsgesetz (Gesetz über die Selbstbestimmung in Bezug auf den Geschlechtseintrag), wonach im Prinzip jede/r einmal im Jahr sein Geschlecht auf dem Standesamt ändern lassen kann. Einen ersten Ausblick auf die Auswirkungen für Heilmittelpraxen versucht Dr. Dr. Thomas Ruppel.

selbstbestimmte junge Frau mit Pusteblume freut sich über das Selbstbestimmungsgesetz

Vorsichtige Schätzungen erwarten, dass jährlich etwa 0,005 Prozent der Bevölkerung das Gesetz in Anspruch nehmen. Das heißt, dass in einer Großstadt kaum eine Handvoll Personen direkt betroffen sind. CDU/CSU haben bereits angekündigt, das Gesetz nach der Bundestagswahl wieder zu überarbeiten. Zugleich herrscht aber Verunsicherung, wie etwa Heilmittelpraxen mit Personen umgehen, deren körperliche Merkmale nicht zum bei der Anmeldung in der Praxis genannten Vornamen oder Geschlecht zu passen scheinen oder die man schlicht anders kennen gelernt hat.

Mit der Änderung der Geschlechtsidentität und des Vornamens beim Standesamt ist dieser neue Zustand im Rechtsverkehr verbindlich und damit auch von jeder Heilmittelpraxis zu akzeptieren.

Eine gewichtige Ausnahme sieht das Gesetz bereits selbst vor, denn auf den geänderten Geschlechtseintrag kommt es bei allen gesundheitsbezogenen Maßnahmen oder Leistungen nicht an, sofern diese im Zusammenhang mit körperlichen, insbesondere organischen Gegebenheiten stehen. Hier ist es völlig egal, welche Geschlechtsidentität die Person für sich ausgewählt hat, sie ist nach ihrem biologischen Geschlecht zu behandeln.

Das Gesetz lässt auch die Vertragsfreiheit und das Hausrecht der Praxisinhaber unberührt. Gleichwohl gelten hier bereits jetzt Einschränkungen – so besteht ja für Kassenpatienten eine Behandlungspflicht, der sich Praxisinhabende kaum entziehen können. Die Änderung der Geschlechtsidentität oder des Vornamens wären kein Grund, eine Weiterbehandlung abzulehnen.

Übrigens: Das Hausrecht und die Vertragsfreiheit gegenüber Patientinnen und Patienten werden entgegen so mancher Internetquelle nicht durch das schon lange bestehende Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) eingeschränkt – denn dieses ist auf solche Beziehungen gar nicht anwendbar. Eine Diskriminierung von Bewerberinnen und Bewerbern, die das Gesetz in Anspruch genommen haben, ist aber nach § 2 AGG verboten.

Mit Wirksamwerden der Geschlechtsänderung muss dem Mitarbeitenden Zugang zu den Sanitäreinrichtungen des angenommenen Geschlechts gewährt werden. Dies gilt auch dann, wenn andere Mitarbeitende dies unangenehm finden, weil sonst ein Verstoß gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz vorliegen würde. Es ist kaum vorhersehbar, ob diese gesetzlichen Regelungen Auswirkungen auf den Betriebsfrieden innerhalb des Praxisteams haben werden. Wenn baulich möglich, könnten Praxisinhabende auf geschlechtsspezifische Sanitärräume verzichten, wie es etwa in Skandinavien üblich ist. Nicht möglich sind wegen Anlage 4.1 Abs. 1 zur Arbeitsstättenverordnung „gemischte“ Toiletten, wohl aber in Kleinbetrieben bis zu neun Mitarbeitern (gem. den „Technischen Regeln für Arbeitsstätten A 4.1") Einzelanlagen.

Keine Sorge muss man vor dem in den Medien viel kolportierten Bußgeld in Höhe von bis zu 10.000 € haben, wenn man die frühere Geschlechtszugehörigkeit oder den früheren Vornamen veröffentlicht. Es kann überhaupt nur verhängt werden, wenn man die Person absichtlich schädigt. Eine absichtliche Schädigung kommt aber weder bei Unsicherheiten noch Fehlern im Umgang mit Personen, die das Gesetz für sich in Anspruch genommen haben, in Betracht. Auch dann, wenn eine Person offensichtlichen Missbrauch mit den nach dem Gesetz eröffneten Möglichkeiten betreibt und eine Heilmittelpraxis daher die frühere Geschlechtszugehörigkeit oder den früheren Vornamen etwa im Mitarbeitendenkreis bekannt gibt, liegt hierin keine absichtliche Schädigung der Person, sondern eine berechtigte Wahrnehmung eigener Interessen.

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