Nachwuchsmangel in der Geburtshilfe: Die Zukunft des Hebammenberufs

Eine freiberufliche Hebamme zur individuellen Nachsorge im Wochenbett ist unersetzbar: Nur sie kommt ins häusliche Umfeld, beurteilt Heilungsverlauf, Rückbildung, Babyentwicklung und unterstützt beim Stillen. Sie ermöglicht Haus- und Geburtshausgeburten. Dabei stärken Hebammen das Sicherheitsgefühl der Frauen und tragen zur Senkung der Komplikationsrate, etwa der Kaiserschnitte, bei. Dennoch finden viele Frauen inzwischen keine Hebamme mehr: Je nach Region liegt die Versorgungslücke zwischen 10 und 50 Prozent. Zwar gibt es einen leichten Anstieg der Hebammenzahlen – der Beruf bleibt beliebt, hohe Haftpflichtkosten, belastende Arbeitsbedingungen, eine geringe Vergütung und demografische Veränderungen sorgen aber dafür, dass sie sich zunehmend in Kliniken anstellen lassen. „Von 20 Hebammen gehen wahrscheinlich 18 in den Krankenhausdienst“, beobachtet Hebamme Kathrin Müller (*Name von der Redaktion geändert). Sie ist freiberufliche Hebamme aus Hamburg mit über 20 Jahren Berufserfahrung, selber Mutter von vier Kindern und Gründerin einer eigenen Hebammenpraxis, die sie seit 2013 leitet. Die freiberufliche Hebammenarbeit bewertet sie derzeit als abschreckend: „Hebammen werden zu wenig auf die unternehmerische Tätigkeit in der Selbstständigkeit vorbereitet. Es herrscht eine Mentalität, in der wir rund um die Uhr verfügbar sind und so viel arbeiten, weil wir nett sind.“
Freiberuflichkeit wirtschaftlich kaum mehr möglich
Nach acht Jahren Verhandlungszeit trägt auch die neue Hebammengebührenverordnung, die Verbände und Krankenkassen ab November 2025 ausgehandelt haben, ihren Teil dazu bei, dass Freiberuflichkeit inzwischen kaum mehr wirtschaftlich ist: Insbesondere Beleghebammen sind nun finanziell noch schlechter gestellt, als vorher. Der Stundensatz für außerklinisch tätige Hebammen steigt zwar war von rund 56 € auf 74,28 €. Für die Betreuung mehrerer Frauen gleichzeitig wird die Vergütung jedoch reduziert, was unterm Strich zu Einnahmeverlusten führt. Das soll die Qualität der Betreuung zwar verbessern, eine Parallelbetreuung ist aber vielfach die einzige Möglichkeit, wirtschaftlich bei einer insgesamt zu geringen Vergütung über die Runden zu kommen. Nacht-, Wochenend- und Feiertagszuschlägen werden von 20 auf 17 Prozent reduziert. Viele Einzelleistungen werden zusammengefasst, um den Dokumentationsaufwand zu reduzieren und mehr Zeit für die Wochenbettbetreuung zu ermöglichen. Die Abrechnung erfolgt künftig in Fünf-Minuten-Einheiten zu je 6,19 €. Diese Änderung soll eine genauere Vergütung ermöglichen, kann jedoch bei kürzeren Besuchen zu niedrigeren Einnahmen führen. „Wo wir früher zügig, schnell und effizient gearbeitet haben, führt die neue Gebührenverordnung dazu, dass wir eher das Gegenteil anstreben müssen, um wirtschaftlich zu arbeiten.“ So rät sie etwa, Rechnungen künftig direkt beim Hausbesuch zu erstellen, um die dafür nötige Zeit mit abrechnen zu können.
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Mit wirtschaftlichem Denken über die Runden kommen
Jungen Hebammen rät Kathrin Müller dennoch, sich nicht abschrecken zu lassen: „Die Gebührenverordnung wechselt im Laufe eines Berufslebens immer mal. In jedem Fall ist es gut, sich auch berufspolitisch einzusetzen und die Rahmenbedingungen mitzugestalten.“ Hebammen müssten sich ein wirtschaftliches Denken aneignen. So lasse sich über die Runden kommen. Deswegen begrüßt sie die hochschulische Ausbildung und schaut gerne auch über den Tellerrand: Denn Deutschland steht im europäischen Vergleich eher schlecht da, was die Rahmenbedingungen für freiberufliche Hebammen betrifft, besonders durch die Haftungsregelungen und die Versorgungsengpässe. Länder wie die Niederlande oder das Vereinigte Königreich bieten ein deutlich hebammenzentrierteres System mit mehr Autonomie und gesellschaftlicher Anerkennung. Sie übernehmen auch mehr medizinische Aufgaben. In Skandinavien ist die Freiberuflichkeit als Modell zwar kaum verbreitet, die berufliche Integration aber dennoch sehr gut und die Zufriedenheit der Patientinnen hoch. So bedarf es in Deutschland gezielter politischer Maßnahmen, um die Hebammenversorgung flächendeckend sicherzustellen und die Versorgung von Schwangeren und jungen Müttern zu verbessern.