Unter vier Augen: Stark führen, empathisch handeln

Jenny Hackhe leitet gemeinsam mit ihrer Schwester das Sanitätshaus Janssen in Emden. Mit Optica-Geschäftsführer Dr. Jochen Pfänder spricht sie über Frauen in Führungspositionen und die Notwendigkeit einer neuen Arbeitskultur

Interview mit Herrn Pfaender und Frau Hackhe

Frau Hackhe, wie ist es, als Frau ein Unternehmen in einer von Männern dominierten Branche zu führen? 

Jenny Hackhe: Das funktioniert sehr gut, weil meine Schwester und ich etwas in die Führungsrolle mitbringen, was ich bei vielen Männern, denen ich in meiner beruflichen Laufbahn begegnet bin, vermisst habe: die Empathie. Wir können uns in andere Menschen hineinversetzen, und das ist eine Fähigkeit, die in der Arbeitswelt immer wichtiger werden wird. Der Mensch muss im Mittelpunkt stehen, ob als Kund:in, Mitarbeiter:in oder als Führungskraft. Und nur weil wir anderen zuhören und auch einmal fragen, wie es ihnen mit diesem oder jenem Thema geht, heißt das nicht, dass wir unsere Ansprüche nicht durchsetzen können. 

Wie war das, als Sie den Betrieb übernommen haben? 

Jenny Hackhe: Als meine Schwester und ich hier angetreten sind, haben viele gesagt, dass das mit zwei Frauen nicht funktioniert – und schon gar nicht, wenn sie junge Mütter sind. Wir haben das Gegenteil bewiesen. 

Herr Dr. Pfänder, wie bewerten Sie das aus betriebs- und volkswirtschaftlicher Sicht? 

Dr. Jochen Pfänder: Es entspricht meiner eigenen Erfahrung und lässt sich auch durch Studien belegen, dass Frauen die Unternehmenskultur stärken. Mit ihrer Perspektive und Kommunikationsstärke fördern sie ein Arbeitsumfeld, in dem sich Mitarbeiter:innen eingebunden und wertgeschätzt fühlen. Dies ist für die Mitarbeiterbindung enorm wichtig und stärkt langfristig die Leistungsfähigkeit des Unternehmens. 

Haben Frauen in den Betrieben ihren Platz in den Führungspositionen gefunden? 

Dr. Jochen Pfänder: Es gibt sie zwar, ob als Geschäftsführerin, Meisterin oder Gründerin, aber es sind immer noch viel zu wenige. Die Zahlen belegen, dass nur etwa jede fünfte Meisterprüfung von einer Frau abgelegt und nur etwa jeder vierte Betrieb von einer Frau geführt wird. Hier liegt noch viel Potenzial brach, das wir – auch angesichts des Fachkräftemangels bei Frauen und Männern – heben müssen. Gleichzeitig sind Frauen als Führungskräfte in Berufen, in denen die Betreuung, Pflege, Beratung oder Unterstützung von Menschen im Mittelpunkt steht, überrepräsentiert. 

Frau Hackhe, was ist entscheidend für eine erfolgreiche Führung? 

Jenny Hackhe: Das ist zum einen die Kommunikation. Wir haben uns die Bereiche aufgeteilt: Meine Schwester verantwortet die Filialen und das Sortiment, ich die Orthopädie und Orthopädieschuhtechnik. Den Reha-Bereich teilen wir uns mit unserem sehr erfahrenen Prokuristen. Wichtig ist, dass wir uns regelmäßig über alle wichtigen Themen austauschen. So erhalten wir das Verständnis für den Betrieb und können uns gegenseitig vertreten. Zum anderen brauchen wir unterschiedliche Maßstäbe, die wir an die Mitarbeiter:innen anlegen. 

Von welchen Maßstäben sprechen Sie da genau? 

Jenny Hackhe: Meine Erfahrung als Mutter mit kleinen Kindern hat mir gezeigt, wie wichtig heute flexible Arbeitszeitmodelle sind. Wir leben es vor und stehen dazu, dass man sich die Verantwortung teilen kann, auch um die Aufgaben mit den Betreuungszeiten für die Kinder in Einklang zu bringen. Gerade Frauen in dieser Situation können sich sehr gut organisieren. Deshalb gilt bei uns: Nicht die Zeit, die jemand für eine Aufgabe braucht, entscheidet über die Qualität, sondern das Ergebnis.

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