Interview Blankoverordnung mit Markus Norys: „Schritt für mehr Selbstbestimmung“
Herr Norys, nach Ihrer Teilnahme an jahrelangen Verhandlungen: Was bedeutet Ihnen der Durchbruch zur Blankoverordnung in der Physiotherapie?
Ich bin erleichtert, dass uns dieser Durchbruch gelungen ist. Auch in meiner eigenen Praxis ist die Freude über die neue Gestaltungsfreiheit in der Therapie groß. Und natürlich begrüßt es Physio Deutschland sehr, dass es am 1. November 2024 nun endlich losgegangen ist mit der Blankoverordnung. Denn: Die Blankoverordnung ist ein wichtiger und guter Schritt für mehr Selbstbestimmung in der Therapiegestaltung. Das ist ein Meilenstein in die richtige Richtung für die Physiotherapie. Mehr als 30 Verhandlungsrunden hat es gebraucht, bis wir mit dem GKV-Spitzenverband einen Vertrag zur sogenannten „Heilmittelversorgung mit erweiterter Versorgungsverantwortung“ vereinbaren konnten und dieser nun im § 125a SGB V verankert ist. Grundlage für die Verhandlungen war die im TSVG vom Gesetzgeber festgelegte Umsetzung Blankoverordnung als Regelversorgung.
Welche Ziele waren Ihnen in den Verhandlungen besonders wichtig?
Ziel ist es, den Physiotherapeut:innen mehr Eigenverantwortung und Handlungsspielraum bei der Behandlung von Patient:innen zu geben. Dies soll einerseits den bürokratischen Aufwand für Ärzt:innen reduzieren und andererseits sicherstellen, dass die Therapie gezielter und schneller auf die individuellen Bedürfnisse der Patient:innen abgestimmt werden kann. Dadurch sollen Versorgungsengpässe im Bereich der Heilmittelversorgung gemindert und die Qualität der Behandlung gesteigert werden.
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Was sind weitere Vorteile der Blankoverordnung für die Physiotherapeut:innen?
Die Blankoverordnung bringt für Physiotherapeut:innen mehr Autonomie in der Therapieplanung und -durchführung. Sie können das geeignete Heilmittel wählen, die Therapiefrequenz sowie die Anzahl der Therapieeinheiten selbst bestimmen. Dadurch kann gezielter und flexibler auf die Bedürfnisse der Patient:innen eingegangen werden. Ein großer Vorteil für die Patient:innen ist, dass durch die flexible Gestaltung der Therapieprozesse die Behandlung oft schneller und effektiver eingeleitet werden kann. Insbesondere die Anpassung der Therapiefrequenz kann von Vorteil sein, da zum Beispiel zu Beginn der Therapie engmaschige Termine möglich sind, um die Patient:innen schnell zu mobilisieren. Später können die Intervalle weiter auseinanderliegen, wenn die Patient:innen mehr Eigenaktivität entwickeln. Erstmals werden auch Positionen für eine physiotherapeutische Diagnostik und eine Bedarfsdiagnostik eingeführt, was die fachliche Expertise der Physiotherapeut:innen weiter stärkt und ihre Rolle im Gesundheitssystem aufwertet.
Wie zufrieden sind Sie mit der „Mehraufwandspauschale“ von 55 Euro?
Es ist gut und wichtig, dass eine Aufwandsentschädigung für die Flexibilisierung der Patient:innenversorgung vereinbart ist. Wir gehen mit der Blankoverordnung neue Wege. Therapeut:innen übernehmen mehr Verantwortung in der Therapiegestaltung und -steuerung. Das rechtfertigt die Aufwandspauschale absolut. Ob die Höhe ausreichend ist, wird die Umsetzung zeigen.
Begegnen Ihnen seitens der Therapeut:innen auch Sorgen angesichts der Neuerungen, etwa vor den „Mehraufwänden“ oder vermeintlich komplizierten Umstellungen?
Zu Beginn kann die Einführung der Blankoverordnung zu Herausforderungen in den Praxen führen: Neue Abläufe müssen natürlich etabliert und das Abrechnungssystem auf die neuen Positionen umgestellt werden. Das wird etwas Zeit in Anspruch nehmen. „Ziel ist es, den Physiotherapeut:innen mehr Eigenverantwortung und Handlungsspielraum bei der Behandlung von Patient:innen zu geben.“ Sobald sich das aber eingespielt hat, werden die neuen Regelungen Erleichterungen mit sich bringen und die Chancen der neuen Versorgungsform können zum Tragen kommen. Veränderungen bringen immer etwas Aufwand mit sich, aber wir dürfen nicht vergessen: Die Versorgung unserer Patient:innen wird verbessert – und wir Therapeut:innen stellen uns mit der Blankoverordnung zukunftsfähig auf.
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Andrea Rädlein, die Vorstandsvorsitzende von Physio Deutschland, spricht mit Blick auf die Blankoverordnung von einem „Anfang“ und einem „Schritt in die richtige Richtung“. Was bleibt zu tun?
Zunächst ist die Blankoverordnung bis Ende 2025 auf 114 Diagnosen rund um die Schulter begrenzt. Danach wäre eine Ausweitung auf weitere Diagnosegruppen möglich. Wir sind der festen Überzeugung, dass Physiotherapeut:innen noch viel mehr dazu beitragen können, die therapeutische Patient:innenversorgung zukunftssicher zu machen. Mehr Autonomie in der Therapiegestaltung, aber auch die Möglichkeit für Patient:innen, sich direkt an eine Physiopraxis wenden zu können, wären ein weiterer Schritt. Neben der verstärkten Autonomie liegen uns als Verband aber zahlreiche weitere Themen sehr am Herzen. Dazu gehören beispielsweise die Umsetzung moderner Berufsgesetze, eine Entbürokratisierung mit dem Ziel, die vorhandene Zeit den Patient:innen zukommen zu lassen. Aber auch die Wirtschaftlichkeit und Arbeitsbedingungen in der Physiotherapie sind uns so wichtig wie die aktive Mitgestaltung an den Rahmenbedingungen auf der politischen Ebene.