Bereit sein, zu helfen

Erste Hilfe ist selbst in Gesundheitsberufen ein nicht zu unterschätzendes Thema. Aber was ist eigentlich genau zu beachten?

Therapeutin verbindet Finger

Im besten Fall brauchen Sie ihr Wissen über Erste Hilfe nicht. Doch selbst wer das Glück hat, in einer Praxis niemals Erste Hilfe leisten zu müssen, sollte sich unbedingt mit dem Thema beschäftigen. Praxisinhaber:innen sind dazu sogar verpflichtet. So muss in jeder Praxis zum Beispiel ein Verbandskasten zugänglich sein, für den es natürlich auch eine Norm gibt – DIN 13157. Der Standort des Kastens muss zudem allen Beschäftigten bekannt und mit dem Aufkleber „Weißes Kreuz auf grünem Grund“ gekennzeichnet sein. Dass der Kasten ordnungsgemäß befüllt ist, nicht also etwa Pflaster fehlen oder die Haltbarkeit des Verbandsmaterials abgelaufen ist, dafür ist in der Praxis der oder die sogenannte Ersthelfer:in zuständig. Und damit wird die Angelegenheit etwas komplizierter.

Praxisinhaber:innen sind nämlich wie alle anderen Unternehmer:innen dazu verpflichtet, solche Ersthelfer:innen zu benennen. Diese müssen dann aber selbstverständlich auch noch entsprechend aus- beziehungsweise fortgebildet werden. Und sie müssen in der Lage sein, im Falle des Falles die Aufgaben der Ersten Hilfe zu übernehmen. Konkret heißt das, dass sie als Erste am Ort des Geschehens die richtigen Maßnahmen ergreifen müssen, um akute Gefahren für Gesundheit und Leben abzuwenden.

In Praxen mit bis zu 20 Beschäftigten ist dafür mindestens eine Person erforderlich, die dann freilich auch keine Teilzeitkraft sein sollte. Wenn es diese Person in einer Praxis nicht gibt, stellt das eine grobe Pflichtwidrigkeit dar, die mit einem Bußgeld geahndet werden kann. Steht Verletzten bei einem Notfall in der Praxis kein:e Ersthelfer:in zur Verfügung, können Praxisinhaber:innen sogar regresspflichtig gemacht werden, und es drohen strafrechtliche Konsequenzen.

Grundsätzlich dürfen Unternehmer:innen nur solche Personen als Ersthelfer:innen für den Betrieb benennen und einsetzen, die durch eine vom Unfallversicherungsträger ermächtigte Stelle ausgebildet worden sind. Von dieser Regelung ausgenommen sind jedoch Menschen, die eine Ausbildung in einem „Beruf des Gesundheitswesens“ haben. „Dieser Personenkreis kann ohne zusätzliche Ausbildung als Ersthelfer bzw. Ersthelferin im Betrieb eingesetzt werden“, so die Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung. Und dazu gehören ganz explizit auch Physiotherapeut:innen. Wer nun aber glaubt, er oder sie wäre in Sachen Erster Hilfe fein raus, irrt gewaltig. Denn „eine entsprechende Qualifikation in einem Beruf des Gesundheitswesens ist nur dann gegeben, wenn die Person bei ihrer beruflichen Tätigkeit regelmäßig Erste-Hilfe-Maßnahmen durchführt“. Ansonsten wird die Teilnahme an Erste-Hilfe-Fortbildungen in Abständen von längstens zwei Jahren gefordert.

Für Ergotherapeut:innen und Logopäd:innen gilt diese Regelung übrigens nicht, wie die Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege (BGW) auf Nachfrage von ZUKUNFT PRAXIS mitteilt. Sie gehören – warum auch immer – nicht zu den „Berufen des Gesundheitswesens“. Somit brauchen sie also nicht nur eine Fort-, sondern eine Ausbildung.

Unter dem Strich spielt das jedoch kaum eine Rolle. Denn sowohl die Erste-Hilfe-Ausbildung als auch die Erste-Hilfe-Fortbildung umfassen neun Unterrichtseinheiten à 45 Minuten und sind für die Teilnehmer:innen kostenlos. Die Lehrgangsgebühren werden in der Regel von der Berufsgenossenschaft in Form von Pauschalgebühren getragen und direkt mit den Ausbildungsstellen abgerechnet. Lediglich Kosten für Entgeltfortzahlung und Fahrtkosten müssen von den Praxisinhaber:innen getragen werden. Um zu überprüfen, ob die Kosten im jeweiligen Fall übernommen werden können, bietet die BGW auf ihrer Website ein Online-Verfahren an. 

Praxistipp!

Im Medien-Center der Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege (BGW) stehen diverse Materialien zum kostenlosen Download oder Versand zur Verfügung:
Anleitung zur Ersten Hilfe (Plakat)
Meldeblock zur Dokumentation von Erste-Hilfe-Leistungen (Verbandbuch)
Broschüre „Erste Hilfe im Betrieb“
Broschüre „Anleitung zur Ersten Hilfe“
Zudem gibt es auf der Website ein hilfreiches „FAQ: Erste Hilfe“

www.bgw-online.de

Nicht vergessen: Verbandskasten jetzt auffüllen!

Seit November 2021 gelten neue Anforderungen an Verbandskästen. Betriebe haben noch bis zum 30. April Zeit, das Erste-Hilfe-Material aufzustocken. Neu hinzugekommen sind – vor dem Hintergrund der pandemischen Lage – Gesichtsmasken (mindestens Typ I, nach DIN EN 14683), ebenso Feuchttücher zur Reinigung unverletzter Haut. Zudem wurde bei den meistverbrauchten Verbandsmaterialien, den Pflastern, die benötigte Menge etwas erhöht. Im Vergleich zu den DIN-Versionen 2009 hat sich also relativ wenig geändert, sodass der Kauf eines neuen Verbandskastens nicht notwendig ist. Es reicht aus, die Materialien normgerecht zu ergänzen. Dabei können dann gleich die Vollständigkeit, das Mindesthaltbarkeitsdatum und die Sterilität der vorhandenen Inhalte überprüft werden.

Eine vollständige Liste mit den geforderten Inhalten gibt es unter www.dguv.de
 

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