Arbeitsschutz: "Das Thema muss auf die Tagesordnung!“

Praxisinhaber:innen nehmen das Thema Arbeitsschutz oft nicht ausreichend ernst. Ein großer Fehler – meint Lars Diemer vom Institut für Arbeitsmedizin und Arbeitssicherheit.

Lars Diemer

Herr Diemer, sind Ihrer Erfahrung nach die Themen Arbeitsschutz, Arbeitssicherheit und Arbeitsmedizin bei den Praxisinhaber:innen bereits ausreichend angekommen?

Im Gegenteil: Die allermeisten Praxisinhaber:innen haben sich mit diesen Themen überhaupt noch nicht beschäftigt. In anderen Berufen ist man da weiter, und das liegt sicherlich daran, dass die drohenden Gefahren dort häufig viel offensichtlicher sind und dort auch objektiv viel mehr Gefahren drohen.

Das heißt, für Praxisinhaber:innen ist das auch gar nicht so relevant?

Nein, das heißt es nicht. Sobald man als Unternehmer:in Angestellte hat, muss das Thema auf die Tagesordnung, völlig unabhängig von der Art des Unternehmens, der Zahl der Mitarbeiter:innen und der tatsächlichen Gefahrenlage. Denn selbst wenn letztere in einer Praxis eher gering ist, drohen auch dort Gefahren – vom unergonomischen Arbeitsplatz, der zu Rückenschmerzen führt, bis zu medizintechnischen Geräten, bei denen man sich einklemmen oder einen Stromschlag bekommen kann.

Was müssen denn Praxisinhaber:innen im „worst case“ befürchten, wenn sie sich nicht um den Arbeitsschutz kümmern?

Solange nichts passiert, müssen sie gar nichts befürchten, denn es ist recht unwahrscheinlich, dass es Kontrollen durch die Berufsgenossenschaft gibt. Wenn sich nach einem Unfall aber herausstellt, dass diese Themen nicht beachtet und die nötigen Maßnahmen nicht ergriffen wurden, kann es schon zu erheblichen Geldstrafen kommen. Natürlich kann es auch strafrechtliche Folgen für die Praxisinhaber:innen haben, wenn man ihr oder ihm grobe Fahrlässigkeit oder gar Vorsatz vorwerfen kann. Und natürlich kann auch die Unfallkasse auf die Idee kommen, sich das Geld für die Behandlung der Mitarbeiter:innen zurückholen zu wollen. 

 

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Was müssen Praxisinhaber:innen denn im Falle des Falles nachweisen können?

Drei Dinge: zum einen die Gefährdungsbeurteilung, der Grundstock allen Tuns im Arbeitsschutz. Als Zweites die Unterweisung der Mitarbeiter:innen. Damit diese wissen, welche Gefährdungen es gibt und wie sie damit umzugehen haben. Und drittens die persönliche Schutzausrüstung. Dieser letzte Punkt ist für therapeutische Praxen jetzt gerade zu Pandemiezeiten besonders wichtig.

Und das kann ein:e Praxisinhaber:in einfach so für sich machen?

Nein, ganz so einfach ist das nicht. Denn der Gesetzgeber verlangt dafür zwingend den Nachweis über eine betriebsärztliche und sicherheitstechnische Betreuung. Dass Problem ist: Eine solche Betreuung vor Ort bieten große Dienstleister wie DEKRA oder BAD gar nicht für kleine Praxen an und auch wir sind dazu übergegangen, solche Kleinunternehmen vor allem online über unser sigePortal  zu betreuen. Das funktioniert genauso gut oder noch besser, denn die Praxisinhaber:innen sind dadurch angehalten, sich auch ein bisschen mit dem Thema auseinanderzusetzen. Sie werden nämlich online durch unser Portal geführt und bekommen alle Sachen erklärt, die sie machen müssen, um am Ende dann die benötigten Zertifikate zu erhalten. 

Das heißt, eine Praxis ist auf solch externe Unterstützung angewiesen?

Nicht unbedingt, es gibt eine Alternative: Praxisinhaber:innen können auch das sogenannte Unternehmermodell wählen, bei dem sie sich selbst von der Berufsgenossenschaft entsprechend qualifizieren lassen. Diese Qualifizierung ist – sofern sie nicht auch wiederum von externen Dienstleistern angeboten wird – im Unterschied zu unserem Service kostenlos. Sie ist allerdings mit erheblichem Aufwand verbunden, weil schließlich erst einmal die Kompetenz aufgebaut werden muss und dann ja trotzdem die Gefährdungsbeurteilungen durchgeführt und die entsprechenden Maßnahmen eingeleitet werden müssen.

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