Compliance: Die Mitwirkungspflicht von Patient:innen im Wandel

Mit Patient:innen-Empowerment zum Therapieerfolg: Eine optimale Versorgung von Patient:innen steht in Gesundheitsberufen an erster Stelle. Wie verändert sich die Bedeutung von Mitwirkung in einer Zukunft mit mehr Patient:innen und weniger Fachkräften?

Mitarbeiterin im Sanitätshaus händigt Ware an eine Kundin aus

Für Therapieerfolg: Patient:innen befähigen, ihr Recht auf Selbstbestimmung wahrzunehmen

Die Gesundheitsbranche ächzt: Da stehen im demografischen Wandel immer mehr ältere Patient:innen immer weniger nachrückenden Fachkräften gegenüber. Während sich die Babyboomer in den wohlverdienten Ruhestand verabschieden, können die geburtenschwächeren Jahrgänge die Fachkräftelücke nicht auffüllen. Dabei kommt der Versorgung der Patient:innen weiterhin oberste Priorität zu. Es gilt heute im Sinne des Behandlungserfolgs, Patient:innen zu befähigen, damit sie ihrem Recht auf Selbstbestimmung nachkommen können. Wie aber kann das für einen größtmöglichen Therapierfolg gelingen?

Patient:innen-Empowerment: Mit befähigten Patient:innen zum Behandlungserfolg

Das Verhältnis zwischen Ärzt:innen und Patient:innen hat sich gewandelt: Während früher eher unkritisch dem ärztlichen Rat gefolgt wurde, sind sich Patient:innen heute ihrem Recht auf Selbstbestimmung zunehmend bewusster. Das Patientenrechtegesetz hat dies 2013 noch einmal gestärkt, indem es etwa Informationspflichten festschreibt und den Behandlungsvertrag ausdrücklich im BGB verankert. So müssen Patient:innen umfassend über die Behandlung, ihre Kosten und etwaige Nebenwirkungen sowie den angestrebten Therapieerfolg informiert werden. Es geht darum, dem Patient:innen-Empowerment ein Gesicht zu geben und das Vertrauen zwischen ihnen und den Behandelnden zu stärken. Dabei endet die Mitwirkungspflicht nicht bei der Aufklärung, bei Informationspflichten oder Hinweispflichten der Ärtz:innen, Sanitätsfachhändler:innen oder Techniker:innen. Denn laut § 66 SGB I sind schließlich die Patient:innen selber verpflichtet, am Behandlungserfolg mitzuwirken. Aufgabe der Behandelnden ist es in Zeiten des Fachkräftemangels mehr denn je, sie dazu zu befähigen.

Mitwirkung reduziert Behandlungskosten und ermöglicht Teilhabe

Wie also geht Patient:innen-Empowerment? Kirsten Abel, Sprecherin des Präsidiums im Bundesinnungsverband für Orthopädie-Technik (BIV-OT), sagt: „Compliance im Sinne von Mitwirkungspflicht ist für Hilfsmittelerbringer:innen in zweifacher Hinsicht von Bedeutung: Denn wenn wir den individuellen Bedarf der Patient:innen nicht treffen, gefährdet das nicht nur den Behandlungserfolg, es führt auch zu unnötigen Belastungen der Solidargemeinschaft“. Dabei sieht sie Hilfsmittelerbringer:innen stark im Sinne des Bundesteilhabegesetzes gefragt: „Hilfsmittel ermöglichen Teilhabe. Die Frage muss lauten: Welche Funktion soll ausgeglichen werden und wie ist der individuelle Behandlungsbedarf?“ Eine umfassende Information und Aufklärung, die persönliche Anpassung sowie Nachsorge und Kontrolltermine seien da etwa unerlässlich. Es gelte, Transparenz in Bezug auf die Behandlung herzustellen. Nur so können Patient:innen Therapietreue entwickeln.

„Compliance im Sinne von Mitwirkungspflicht ist für Hilfsmittelerbringer:innen in zweifacher Hinsicht von Bedeutung: Denn wenn wir den individuellen Bedarf der Patient:innen nicht treffen, gefährdet das nicht nur den Behandlungserfolg, es führt auch zu unnötigen Belastungen der Solidargemeinschaft“

Kirsten Abel, Sprecherin des Präsidiums im Bundesinnungsverband für Orthopädie-Technik (BIV-OT)

Patient:innen-Empowerment – so schaffen Sie das

  • Information & Aufklärung in einfacher und verständlicher Sprache
  • Nachsorge & Kontrolltermin
  • Individuelle Anpassung
  • Schaffung einer vertrauensvollen Atmosphäre
  • Integration von Übungen des täglichen Lebens in die Anpassungssituation
  • Psychologische Teilhabe, damit Patient:innen das Hilfsmittel überhaupt annehmen können
  • Patient:innenbefragung zur Hilfsmittelversorgung
  • Einbindung unterstützender und motivierender (digital unterstützter) Übungen für zu Hause

Mitwirkungspflicht ist mehr als Dokumentation

Gesetzlich geregelt sind Maßnahmen zur Steigerung der Mitwirkungspflicht in der Hilfsmittelversorgung lediglich im Sinne einer Dokumentationspflicht (§ 302 SGB V). Für den Behandlungserfolg entscheidend ist jedoch das Maß, in dem Patient:innen zur Einhaltung der Therapietreue mitgenommen werden. Wo weniger Fachkräfte mehr Patient:innen gegenüberstehen, wird eine angemessene Befähigung zur Mitwirkung durch Patient:innen erschwert. Dabei ergeben sich im Patient:innen-Empowerment zugleich wirkungsvolle Chancen einer erfolgreichen Hilfsmittelversorgung trotz herausfordernder Rahmenbedingungen. Nicht zu vernachlässigen ist dabei die Investition in eine nachhaltige Versorgungsforschung. Ebenso eröffnet die Integration digitaler Anwendungen Potenziale, mit denen Patient:innen für mehr Therapietreue auch zu Hause in ihren Alltagssituationen abgeholt werden können sowie Unterstützung und Motivation erhalten.

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