PRAXISnah: „Unsere Therapeut:innen werden durch den Einsatz von Robotern wesentlich entlastet.“

Kollegen über die Schulter schauen und voneinander lernen: unter diesem Motto geben wir Einblicke in Besonderheiten anderer Praxen. Heute mit Lev Bugreev und Alexey Grinchenko vom WALK AGAIN Center in Berlin.

Lev Bugreev (l.) und Alexey Grinchenko

In ihrem WALK AGAIN Center in Berlin setzen Lev Bugreev (l.) und Alexey Grinchenko auf hochmoderne Robotik und berücksichtigen zugleich die Stärken konventioneller Therapie.

Herr Grinchenko, Herr Bugreev, was ist das Besondere an Ihrem therapeutischen Angebot?

Alexey Grinchenko: Wir helfen unseren Patient:innen durch umfassenden Einsatz von Robotik. Für Menschen, die nach einem Schlaganfall, einer Wirbelsäulenverletzung oder einem Schädelhirntrauma einen Teil ihrer motorischen Fähigkeiten verloren haben, decken wir mit unterschiedlichen Systemen möglichst den kompletten Genesungsweg ab.

Lev Bugreev: Es gibt keinen Roboter, mit dem sich sämtliche Zustände therapieren lassen. Heilung ist ein Prozess, der sich mit verschiedenen technischen Lösungen begleiten lässt. Diesen Prozess durchdenken wir ganzheitlich. Bei Schlaganfallpatient:innen bedeutet das zum Beispiel, dass wir Roboter nicht nur für die Unterstützung der oberen Extremitäten einsetzen, sondern auch für die unteren Extremitäten.

Wie haben Sie die Idee für WALK AGAIN entwickelt?

Alexey Grinchenko: Wir sind beide Ärzte und haben uns während des Medizinstudiums an der Charité in Berlin kennengelernt. Für mich war relativ früh klar, dass ich möglichst mit einem eigenen Unternehmen an der Verbesserung der Prozesse im Gesundheitswesen mitwirken will. Lev und ich haben uns zunächst Richtung Medizintechnik orientiert. Vor rund zehn Jahren waren wir auf einer Messe in Stuttgart und haben gesehen, was schon damals im Bereich der Robotik möglich war. Mich hat das auch deshalb bewegt, weil ich die mühsame Reha meines Großvaters nach Schlaganfall und Herzinfarkt miterlebt hatte.

Lev Bugreev: Die Optimierung von Prozessen begleitet uns beide als Thema schon lange. Ich habe in meinem Studium auch einen Schwerpunkt zu Statistik und Verwaltung gewählt und mich mit klinischen Studien zur Wirksamkeit der Robotik beschäftigt. Für uns war immer wichtig, dass die technischen Innovationen einen nachhaltigen medizinischen Nutzen mitbringen.

Welche Bedeutung hat bei WALK AGAIN die klassische Physiotherapie?

Lev Bugreev: Das Verhältnis von Technologie und klassischer Praxis kann man mit einem einfachen Bild beschreiben: Selbst bei einem hochmodernen Backofen braucht es kundige Bäcker:innen, damit die Qualität stimmt. Unser Erfolgsrezept ist, dass wir konventionelle und robotergestützte Therapie mit ihren jeweiligen Stärken zusammenbringen.

Alexey Grinchenko: Vorteile haben dabei nicht nur die Patient:innen. Auch unsere Therapeut:innen werden durch den Einsatz von Robotern wesentlich entlastet. Das beugt Gelenkschmerzen und Rückenproblemen vor. Statt einem oder mehreren Therapeut:innen kann zum Beispiel ein Roboter den Körper des oder der Patient:in bei Gehversuchen stabilisieren. Auch bei zahlreichen Wiederholungen von Übungen bringt die Robotik wertvolle Entlastung.

Können Sie die technischen Vorteile noch etwas veranschaulichen?

Alexey Grinchenko: Nehmen wir zum Beispiel unseren besonders beliebten Gangroboter Lokomat, der unter anderem bei der Behandlung von Querschnittlähmung, Schlaganfall oder Schädel-Hirn-Trauma zum Einsatz kommt. Er erlaubt nicht nur die exakte Dosierung der nötigen Unterstützung, sondern dokumentiert auch die Therapieergebnisse. Der Therapieerfolg kann somit besonders präzise in den Blick genommen werden.

Lev Bugreev: Bei Patient:innen mit neuromuskulären Funktionsstörungen der oberen Extremität nutzen wir zum Beispiel auch Armeo-Spring, den robotergestützen Armtrainer. Die Therapeut:innen übernehmen jeweils die individuelle Anpassung für die Patient:innen und bestimmen den Schwierigkeitsgrad der Übungen. Ein entscheidender Punkt ist, dass der ArmeoSpring die Bewegungen am Bildschrim visualisiert. Das ist eine direkte Rückmeldung an die Patient:innen und trägt maßgeblich zu ihrer Motivation bei.

Was sind Ihre Ziele für die Zukunft?

Alexey Grinchenko: Wir haben unser Praxisfläche in Berlin zuletzt auf 1.300 Quadratmeter vergrößert und unsere Robotersysteme wesentlich erweitert. Das hilft uns bei unserem zentralen Ziel, mehr Patient:innen zu versorgen und die Wartelisten zu kürzen. Entscheidend ist für uns jetzt auch, neues Personal für die gewachsenen Möglichkeiten einzustellen.

Lev Bugreev: Ich könnte mir für die Zukunft auch ein größeres wissenschaftliches Projekt vorstellen, vielleicht in Zusammenarbeit mit unserer Alma Mater, der Charité. Umso größer die Zahl der beteiligten Patient:innen, desto höher die Chancen auf weitere Erkenntnisgewinne. Darin liegt viel Potenzial für die weitere Optimierung der Therapie.

WALK AGAIN Center

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